Was zur Hölle ist DAS denn bitte für ein abgefahrener, stilistisch eigenwilliger, bewusstseinserweiternder Bodyhorror-Trip, aus der Feder von Brandon Cronenberg!!!Ach ne? Is gar nicht von Cronenberg? What??? Von Coralie Fargeat??? Wer zum Geier ist Coralie Fargeat??? Antwort: Eine französische Filmregisseurin und Drehbuchautorin, die den wahrscheinlich handwerklich besten, aber auch kontroversesten Film 2024 im Gepäck hat: „THE SUBSTANCE“. Und hier ist der Name auch festes Programm, denn es handelt sich schließlich um eine Substanz, eine klare, giftgrüne Flüssigkeit, eine Art „Verjüngungsdroge“, die sich die Protagonistin - aufgrund eines bedauerlichen Body-Shaming-Vorfalls - mir nichts, dir nichts in die Venen klatscht, in der schieren Hoffnung, als junge, hübsche, attraktive, faltenfreie Mittzwanzigerin wieder geboren zu werden, die das beschissene, auf Hochglanz getrimmte Leben - inmitten von Schönheitswahn & Famegeilheit - noch vor sich hat und der der sensationsgeile Mop noch keinen gesellschaftlichen Arschtritt verpasst hat. Gespritzt, getan: Und so fristet Demi Moores‘ Charakter fortan ein katastrophales, - in psychischer wie physischer Hinsicht - vollkommen ramponiertes, Doppelleben, halb „Moore“, halb „Qualley“, das sie bis zur allerletzten Sekunde des Films folgende Ratschläge nicht vergessen lassen wird: Sei verdammt nochmal mit dir selbst zufrieden! Hör sofort auf damit, nach einer besseren, schöneren, perfekteren Version deiner Selbst zu suchen! UND: Beuge dich nicht dieser notgeilen, ausbeuterischen Konsumgesellschaft,…die will dich schlussendlich nur scheitern und hängen sehen.
Und aus dieser oben geschilderten - zugegebenermaßen - umstrittenen Prämisse, hat Fargeat ein brutal unterhaltsames, perfekt inszeniertes, aber auch nervenaufreibendes Satire-Drama konzipiert, das im Hinblick auf den reißerischen, lauten, überdrehten Score, aufgrund der eigenwilligen Kameraarbeit und der noch eigenwilligeren Erzählstruktur, dem freidenkerischen Bodyhorror-Anteil, dem reduzierten und dennoch inhaltsstarken Drehbuch, aufgrund der hammermäßigen Ausstattung, der Farbgebung, dem Bau des Szenenbildes, so unfassbar viel Cleverness besitzt (und gleichzeitig auch noch derart abstoßend rüberkommt, dass mir oftmals zum Kotzen zumute war), sodass ich ganz klar sagen muss: JA, JA, JA! Das ist für mich einer der besten, wenn nicht sogar DER beste Titel im Jahr 2024! Gar keine Frage! Denn: ENDLICH traut sich jemand zu, Kino für sich alleine sprechen zu lassen, ohne jedoch dem Publikum jede noch so winzige Kleinigkeit vorgekaut aufs Silbertablett zu spucken. YES! Und dann kommt noch erschwerend hinzu, dass sich auch neben der erstklassigen erzählerischen Ebene des Films, so viel schauspielerische Qualität wiederfinden lässt, allen voran Demi Moore, die ich seit „Ghost“, NIE NIE NIE NIE mehr so stark erlebt habe wie in „The Substance“. Und Margaret Qualley? Ist ein verfluchter schauspielerischer Leckerbissen! Holy Shit! Wenn die Academy nicht vollkommen blind durchs Kinojahr 2024 gezogen ist, sollten da wohl zumindest ein paar Nominierungen abfallen, oder?
Was soll ich sagen? ICH BIN VERDAMMT NOCHMAL HIN UND WEG von diesem Film! JA! ICH KONNTE MEINEN BLICK KEINE SEKUNDE ABWENDEN! Wirklich: KEINE SEKUNDE! Und das passiert mir praktisch NIE! Das Ding ist von vorne bis hinten ein einziges Highlight, eine Inspirationsquelle sondergleichen, eine f*ckin’ Lehrstunde, wie modernes Storytelling zu funktionieren hat, wie Charaktere gescriptet werden müssen, wie man Sounddesign perfekt integriert, und vor allem: Was einen wahrhaftigen Genretitel aus der Bodyhorror-Ecke definiert: Jede Menge Körperlichkeit, eine riesengroße Portion Gore, satirische Ansätze so weit die Augen reichen und viel Mut zur absoluten, vollendeten Brutalität, stets mit dem Höchstmaß an Fingerspitzengefühl. DAS will ich sehen. DAS braucht die Kino-Welt. GENAU DAS! Und die letzten 30 Minuten, diese völlig verstörende und absurd-groteske Carrie-Hommage, die schon so häufig im Netz kritisiert wurde, war für mich das Tüpfelchen auf dem i, die ultimative Abrechnung/Konfrontation mit der eigenen Vergänglichkeit/Gier nach Jungfräulichkeit. AUF DIE SPITZE GETRIEBEN! Und auch wenn mir „THE SUBSTANCE“ oftmals zu sehr an der Oberflächlichkeit kratzt, - auch wenn das die Konzeption des Filmes ist - so nimmt der definitiv kein Blatt vor den Mund und hämmert dir 2h 20min lang, jede noch so kleine Message auf der Metaebene mit dem Vorschlaghammer direkt ins Stammhirn hinein. Genau DAS liebe ich so sehr. Mal ehrlich: Muss es immer hyperintelligentes Kino sein? Nein? Darf es auch mal brachiale Kunstfertigkeit sein? JA! Komm: Da ist keine Debatte mehr nötig: 9/10 Punkten.
*Kleine Triggerwarnung zum Schluss: Wer von euch ein klares Problem mit Spritzen (jeglicher Art) hat, explizite Gewaltdarstellungen in Bezug auf Geist & Körper im Normalfall meidet und Transformationen verabscheut und letztlich kein Blut sehen kann, der sollte auf jeden Fall die Finger von „The Substance“ lassen.
Inhaltsangabe:
Elisabeth Sparkle, eine ehemalige A-Prominente, die ihre Blütezeit hinter sich hat und plötzlich vom widerlichen Fernsehchef Harvey aus der eigenen Fitness-Fernsehsendung gefeuert wird. Da ergreift sie die Chance, die ihr eine mysteriöse neue Droge bietet: THE SUBSTANCE. Eine einzige Injektion genügt und sie wird - vorübergehend - als wunderschöne Mittzwanzigerin namens Sue wiedergeboren. Die einzige Regel? Sie müssen sich die Zeit teilen: genau eine Woche im einen Körper, dann eine Woche im anderen. Ohne Ausnahme. Die perfekte Balance. Was kann schon schiefgehen?
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