FILMKRITIK: „THE FAVOURITE“ (Drama - 2018)



Schande über mein Haupt: Hätte ich 2018 schon gewusst, welch Freude mir dieser 10-fach Oscar-nominierte Lanthimos bereiten würde, hätte ich mit Sicherheit keine sechs Jahre verstreichen lassen, um mir das gute Stück anzusehen und schlussendlich ins heimische Regal zu holen. Leute, ich war ab der allerersten Sequenz, Feuer und Flamme für dieses hinreißende Stück Kino, fasziniert, von dieser bildlichen Extravaganz, von diesem pompösen, ausdrucksstarken Setting, das so verflucht laut nach 18. Jahrhundert geschrien hat, dass ich praktisch gar keine andere Wahl hatte, als diese 119 Minuten köstlichst zu genießen. Und jetzt stellt euch mal Jane Austins „Pride and Prejudice“ vor, allerdings ohne diese - in schauspielerischer Hinsicht - furchtbare Keira Knightley, ohne diesem ganzen erzwungenen Kriegsdrama-Liebesschnulze, ohne jeglicher Art von hastigem Storytelling, packt eine Schippe Arglist, einen Hauch Niederträchtigkeit obendrauf, mischt den Geschehnissen ein perfekt agierendes Ensemble bei, das exzellent aufeinander abgestimmt wurde und schon habt ihr die perfekte Rezeptur für einen Film, der sich einerseits klar vom Mainstream distanziert, andererseits aber so unterhaltsam konzipiert wirkt, dass er durchaus für ein Massenpublikum geeignet sein könnte. Außerdem möchte ich anmerken, dass man in diesem Film auch schauspielerisch große Qualitäten zu sehen bekommt: Rachel Weisz zum Beispiel habe ich seit „Der ewige Gärtner“ nie mehr so stark erlebt, wie in „The Favourite“, und was Olivia Colman betrifft: Holy Shit, ich sag‘ nur 10/10. Ich sag’s euch: Ihre Leinwandpräsenz sucht definitiv ihresgleichen, vor allem diese Unberechenbarkeit, diese unkontrollierten Wutausbrüche, die sie ständig an den Tag legt, haben mir phasenweise eine ganz schöne Gänsehaut verpasst.

Noch hinzukommt, dass hier so viel Liebe im Detail steckt: Das Szenenbild in „The Favourite“ ist schlichtweg ein Traum, die dazugehörigen Farbdarstellungen ein richtiger Augenschmaus, die klassische Sound-Unterstützung überragend, das Make-up allererste Sahne und das Kostümdesign: absolute Königsklasse. Mir ist völlig schleierhaft, wie es die Academy fertigbringen konnte, von 10 Oscar-Nominierungen, nur einen „läppischen“ Oscar zu vergeben.

 

Was soll ich sagen: Dieser Film ist ein richtiges Miststück! Ein hinterhältiges, abgehalftertes, dreckiges Mistvieh, das die Machtverhältnisse der Entourage im Minutentakt verschiebt, psychologische Kriegsführung auf allerhöchstem Niveau betreibt und kaum durchscheinen lässt, wer hier eigentlich den größten Dreck am Stecken hat. Ein großartiges (vor allem schauspielerisch-hochkarätiges) Abenteuer, das von Minute zu Minute tiefer ins Herz der charakterlichen Verderbtheit vordringt. ICH HABE DAS GELIEBT, GELIEBT, GELIEBT, GELIEBT!

 

Inhaltsangabe:

 

England befindet sich im frühen 18. Jahrhundert im Krieg mit Frankreich, doch Entenrennen und der Genuss von Ananas erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Die gebrechliche Königin Anne (Olivia Colman) sitzt zwar auf dem Thron, doch ihre enge Freundin Lady Sarah (Rachel Weisz) regiert das Land an ihrer Stelle und kümmert sich auch noch um Annes Gesundheit und ihre sprunghaften Launen. Als das neue Dienstmädchen Abigail (Emma Stone) ihre Stelle antritt, schmeichelt sie sich schnell bei Sarah ein. Sarah nimmt Abigail unter ihre Fittiche und Abigail sieht ihre Chance, zu ihren aristokratischen Wurzeln zurückzukehren. Als die politischen Auseinandersetzungen Sarah zeitlich immer mehr in Anspruch nehmen, nimmt Abigail ihren Platz ein und fungiert fortan als Vertraute der Königin. Die aufkeimende Freundschaft gibt Abigail nun die Möglichkeit, ihre ehrgeizigen Ziele zu verwirklichen, und sie wird nicht zulassen, dass eine Frau, ein Mann, Politik oder sonst irgendetwas sich ihr in den Weg stellen.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0