FILMKRITIK: „THE LOBSTER“ (Drama - 2015)



Gleich zu Beginn, schon in den ersten 10 Minuten, lässt uns Yorgos Lanthimos ganz klar wissen, in welche Richtung uns „The Lobster“ schicken wird. Denn als Colin Farrells Figur an der Rezeption eines höchst seltsamen, Gefängnis-artigen „Single-Hotels“ gefragt wird, ob er schon mal alleine war und ihm anschließend die Eintragung als Bisexueller-Mann - aufgrund struktureller Schwierigkeiten im Hause - verweigert/untersagt wird, wusste ich sofort, dass es ein verdammt gefährlicher, grenzwertiger Trip werden wird, der sich stets am äußersten Rand der moralischen Grenze aufhält. Als ob es nicht schon hart genug wäre, sich als Aussätziger, als Partnerloser fühlen zu müssen, bittet man ihn auch noch all seine Habseligkeiten abzugeben und lässt ihn halbnackt als quasi Ausschussware Platz nehmen. Kennt man an dieser Stelle schon die Prämisse des Films, dass es die Hauptaufgabe des Protagonisten sei, in 45 Tagen eine Partnerin fürs Leben finden zu müssen, um nicht in ein Tier verwandelt zu werden, erweckt diese Szene bereits den Eindruck, als wären die Gäste in diesem Hotel nichts weiter als wertlosen Viecher, die unbedingt aus den gut funktionierenden gesellschaftlichen Strukturen entfernt werden müssen. Diese detailgetreue Zeichnung und Veranschaulichung von sozialkritischen Schwerpunkten zieht Lanthimos durch die gesamte Produktion von „The Lobster“, die einerseits todernst gemeint ist, hin und wieder aber auch seine schwarzhumorigen Momente hatte.


Hinzu kommen noch so viele weitere völlig irrsinnige Aspekte: Zum Beispiel sind die Zimmermädchen - unter anderem - dazu da, die Hotelgäste sexuell zu befriedigen, damit ihnen ihr triebgesteuertes Wesen nicht bei der Partnersuche im Weg steht. Außerdem ist Masturbation im Hotel strikt verboten, es sei denn, man möchte seine Hände - zur Bestrafung -  in einen heißen Toaster stecken. Oder: Die Gäste sollen sich täglich in einer Art Jagdsimulation gegenseitig „erschießen“, um sich so, für jeden erfolgreichen Abschuss, einen weiteren Tag in diesem Hotel „erkaufen“ zu können. Das war alles so f*ck‘in weird, ich sag’s euch!


Fazit: Dieser Film ist eine einzige, lange Metapher, eine Aneinanderreihung von animalischen und nicht animalischen Eventualitäten, die von Yorgos Lanthimos - wie eine griechische Tragödie - inszenatorisch auf die Spitze getrieben wurden. Eine Mischung aus Selbsthilfegruppe, Speeddating, Knast, Schießbude und Resozialisierungsprogramm, so subtil, unterschwellig, unangenehm dargeboten, dass man sich als Zuschauer ständig fragt: Ist unsere Gesellschaft wirklich derartig kaputt? Allerdings muss ich der Fairness halber sagen, dass - für mich persönlich - der Unterhaltungswert des Films in Hälfte zwei stark nachgelassen hat, was wiederum zur Folge hatte, dass ich den Geschehnissen nicht mehr so aufmerksam folgen konnte, wie ich es gerne getan hätte. Kurzum: Ich finde das Ding mit 118 Minuten viel zu lang. Es hätte der Geschichte - in Bezug auf die Kompaktheit der Erzählung - durchaus gutgetan, etwas gestrafft zu werden, um so eventuelle die volle Wirkung entfalten zu können.


Inhaltsangabe:


Willkommen in der urkomischen und abgedrehten Welt von THE LOBSTER, in der Singles innerhalb von 45 Tagen einen Partner finden müssen oder in ein Tier ihrer Wahl verwandelt werden. Colin Farrell, Rachel Weisz, Lea Seydoux, John C. Reilly und Ben Whishaw sind die Stars dieser Komödie, die die Besessenheit unserer Gesellschaft, einen Partner zu finden, in ein aufrichtiges und absolut neues Licht rückt und letztendlich beweist, dass man wahre Liebe nicht suchen, sondern nur finden kann.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0