Rezension: "Das Porzellanhaus“ von Laura Purcell

Grundsätzlich: Meine Empfindungen Laura Purcells Büchern gegenüber könnten nicht gespaltener sein. Einerseits habe ich immer wieder die Ausführung, vor allem die Stilistik in „Die stillen Gefährten“ und „Das Korsett“ hinsichtlich der Authentizität kritisiert, muss allerdings auf der anderen Seite auch zugestehen, dass die Charakterzeichnung ihrer Figuren EINMALIG ist. Hinzukommt, dass sie ihren emanzipierten, starken und irgendwie auch aufmüpfigen Frauenfiguren (die eben zu jener Zeit, in der ihre Erzählungen angesiedelt sind, praktisch nicht existent waren), rückwirkend zur tragfähigen Stimme verhilft und ihnen auf diesem Wege den Respekt zollt, den sie verdient haben. Ein weiterer positiver Aspekt: Laura Purcell hat ein richtig feines Gespür für atmosphärische Szenenbilder, die sie - nach Belieben - im Kopf der Leserschaft platziert. Das gilt auch für „Der Schattenriss“. Um ehrlich zu sein. Es ist mir noch nie passiert, dass ich vier Titel derselben Autorin lese, obwohl mich das „Einstiegswerk“ schon gar nicht überzeugt hat. Irgendwie hat sich das Gefühl eingestellt - möglicherweise unterliege ich da auch einer Täuschung -, dass sich die stilistische Komponente von Buch zu Buch verändert hat. (Ungeachtet der chronologischen Reihenfolge hinsichtlich der Erstveröffentlichung) Was mich nun zu „Das Porzellanhaus“ führt. Ich muss ehrlich sagen: Dieses Mal hat mich Purcell mit Leib und Seele erwischt. Absolut. Inhaltlich sowieso, aber auch der Text hat mir dieses Mal unbeschreiblich gut gefallen. Die Atmosphäre…durchgehend TOP. Und auch hier merkt man SOFORT in der Eröffnungssequenz, nachdem die Kutsche, in der sich Hester Why (Protagonistin) befindet, in einen Unfall verwickelt wird, wer dem armen, schwer verletzen, vom Dach der Kutsche krachenden Mann als Ersthelferin zur Seite springt, um einen Knochenbruch zu schienen. Natürlich Hester Why. Die männliche Brigade hingegen, die sich mit Hester die Kutsche geteilt hatte, steht hinter ihr in zweiter Reihe, leichenblass, völlig überfordert, unfähig einzuschreiten und überlässt Hester ihrem Schicksal. Und so zieht sich das durch den gesamten Roman hindurch. Man spürt eindeutig die Liebe, die Laura Purcell für ihre Protagonistin übrig hat, die jedoch keineswegs frei von Fehlern oder (kriminellen) Macken ist. Aber gerade dieser Aspekt hat mir wahnsinnig imponiert!


Zwei Dinge gibt es allerdings, die ich zu „bemängeln“ habe:


1. Der Klappentext passt irgendwie nicht zum Inhalt. Soll heißen: In der ersten Buchhälfte, so hatte ich das Gefühl, wurde von der eigentlichen Grundhandlung nichts erzählt. Es kann daher sein - nur so als Vorwarnung -, dass man auf den ersten 200 Seiten etwas enttäuscht wird. Auch der immense Zeitsprung zwischen den Hauptkapiteln hat mich oftmals rausgebracht. 2. Obwohl auf dem Cover „Ein viktorianischer Thriller“ steht, kann ich euch ganz klar sagen: Viktorianisch? Ja. Thriller? Definitiv NEIN. Stellt euch also bitte darauf ein - auch wenn ihr möglicherweise einen klassischen Thriller erwartet -, dass ihr es hier mit einem Roman zu tun habt.


Inhaltsangabe:


Ein Haus voller Geheimnisse, Angst und Wahnsinn.


Die Schwindsucht raubte Dr. Pinecroft mehrere Kinder und die Frau. Nur seine Tochter Louise ist ihm geblieben. Erfüllt von Trauer zieht er mit ihr in ein weitläufiges Anwesen am Meer, das einsam über den Klippen von Cornwall steht. 

Aber Dr. Pinecroft hat Pläne: Überzeugt, dass eine Heilung möglich ist, lässt der Arzt einige an Schwindsucht leidende Gefangene in die Höhlen unter Morvoren House bringen. Was dort geschieht hat Folgen, die über die Jahrzehnte hinweg nachhallen. 

40 Jahre später trifft Hester Why ein, um die inzwischen teilweise gelähmte und stumme Miss Louise zu pflegen. Doch in ihrem neuen Zuhause lauert das Unheil ...


Laura Purcell hat mit ihren Romanen eine ganz eigene Art von düsterer, geradezu beängstigender Lektüre geschaffen, die den Leser in einen Hauch von Horror und Unheimlichkeit hüllt. Ist Übernatürliches am Werk oder Wahnsinn?


Guardian: »Purcell hat ein sicheres Gespür fürs Erzählen, für Atmosphäre und ein scharfes Auge für die wichtigen Details der Sozialgeschichte. Oh, und sie wartet mit einigen angemessen makabren letzten Enthüllungen auf.«


Sunday Express: »Eine viktorianische Geschichte voller Laudanum, Tuberkulose und möglicherweise Feen. Eine kluge, gruselige Lektüre.«

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