Rezension: "In einem dunklen Spiegel“ von Joseph Sheridan Le Fanu

Joseph Thomas Sheridan Le Fanu war mit großer Wahrscheinlichkeit einer der bedeutendsten und zugleich unterschätztesten Autor von Schauergeschichten, den es jemals gegeben hat. Warum sage ich das in dieser Deutlichkeit? Weil seine „Carmilla“ bis zum heutigen Tag nicht die Anerkennung genießen darf, die sie ganz eindeutig verdient hat. In Literaturkreisen ist das möglicherweise anders, aber dennoch hat sich dieses Gefühl bei mir etabliert, sie würde immer noch unter Wert verkauft werden. Schuld daran ist ganz klar Bram Stoker, der sich einige Versatzstücke von Le Fanu - liebevoll ausgedrückt - „geborgt“ und sie seinem Roman-Grafen untergeschoben hat. So kam es, dass die literarische Legende von Dracula auf ihn zurückgeht, obwohl Le Fanu das Vampir-Vorrecht hätte haben müssen. (Die eigentliche Sage um „Dracula“ geht ja ohnehin auf den transsilvanischen Vlad III. zurück.) Wie dem auch sei: Für mich persönlich zählt er neben M. R. James (Meine UNANGEFOCHTENE NR. 1 im Genre!) zu den absoluten Schauerroman-Größen, schließlich gilt er auch als Mitbegründer der Fantastik.


Seine Anthologie „In einem dunklen Spiegel“ beinhaltet zwar „nur“ fünf von ihm erlesene Erzählungen (abzüglich „Carmilla“), dafür ist jede einzelne mit so viel Liebe fürs Detail geschrieben, charmant, auf eine dezente, subtile, unaufdringliche Weise unheimlich und vor allem atmosphärisch bis in den hintersten Winkel. Kein Wunder, dass James zwei der fünf Erzählungen („Der Plagegeist“ und „Richter Harbottle“) für „die besten Geistergeschichten in englischer Sprache“ gehalten hat. 


Inhaltsangabe:


Joseph Sheridan Le Fanu (1814–1873) gehört zu den Begründern der modernen übernatürlichen Fantastik. Die von ihm selbst zusammengestellte Sammlung In einem dunklen Spiegel gilt als sein fantastisches Hauptwerk. M. R. James hielt die darin enthaltenen Erzählungen ›Der Plagegeist‹ und ›Richter Harbottle‹ für »die besten Geistergeschichten englischer Sprache«. Der Einfluss, den die Vampirnovelle ›Carmilla‹ bis heute auf das Genre ausübt, ist vielleicht unterschwelliger als der von Dracula, aber nicht weniger nachhaltig.


E. F. Benson: »Niemandem sonst gelingt es mit solchem Geschick, jene geheimnisvolle Atmosphäre zusammenzubrauen, in der das Grauen düster droht.«


M. R. James: »Ein absolut erstrangiger Verfasser von Geistergeschichten.«

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