Rezension: "LITTLE EVE - Kind der Schlange“ von Catriona Ward

Catriona Ward ist schon eine kleine Sensation! Sie hat bislang vier Romane/Thriller veröffentlicht und drei davon haben den British Fantasy Award abgeräumt: „RAWBLOOD“ (2016), „LITTLE EVE“ (2019) und „THE LAST HOUSE ON NEEDLESS STREET“ (2022). Außerdem gab’s noch einen „Shirley Jackson Award“ und eine Nominierung für den „World Fantasy Award“. Nochmal: Sie hat „nur“ 4(!) Bücher veröffentlicht. Das ist eine unfassbare Quote und - man kann es nicht oft genug sagen - mehr als beachtlich.


Was macht jetzt „LITTLE EVE - Kind der Schlange“ so besonders? Ehrlich gesagt: Ganz genau kann ich das gar nicht sagen. Die Grundhandlung ist irgendwie bösartig, skurril, der Verlauf an sich mal geradlinig, dann wieder mittelbar, die Figuren bewegen sich auf der Charakterskala irgendwo zwischen unnahbar und heimtückisch, plötzlich wechseln die Genres wieder hin und her, mal zieht Catriona Ward das Tempo an, mal lässt sie dahinplätschern.


All das ist relativ schwer zusammenfassen, aber VERDAMMT: Das war hinten raus eine richtig, richtig fiese Nummer, das muss ich schon sagen: Und mit „fies“ meine ich, dass dieses anfänglich harmlose (ja was genau war es denn jetzt?) Mystery-/Fantasy-/Crime-Ding (getarnt als Thriller) unglaublich viele Hacken schlägt, sich ständig neu orientiert, neu erfindet, dreht und wendet, Genregrenzen brutal auslotet, verschiebt; mal wird das Tempo stark gedrosselt, mal rast das Ganze kurzzeitig mit 300 Sachen an dir vorbei, bleibt dabei aber stets hübsch und eindringlich. Auch die Kulisse gibt wirklich viel her, umspielt die Erzählung mit ihrer atmosphärischen Dichte, die den Roman außerordentlich voluminös erscheinen lässt. (Sehe das Buch ehrlicherweise nicht als Thriller, dafür ist das Geschehen viel zu detailliert, zu ausschweifend transportiert.)


Es mag eventuell sein, dass sich einige LeserInnen an der ausführlichen Erzählweise von Catriona Ward stoßen werden, beziehungsweise mit der fabulierenden Art des Storytellings einfach nicht klarkommen, schließlich werden viele Passagen sehr kleinlich, teils auch langatmig geschildert (Landschaftsaufnahmen und div. Außeneinflüsse, mit denen die Charaktere konfrontiert werden), andere wiederum sehr kurz und knapp gehalten. Und das Ganze im Wechselspiel. Ich persönlich liebe ja diese ständigen Wechsel, die sich um die Dynamik der Handlung kümmern und bin - im Umkehrschluss - kein großer Freund der Monotonie. Bei „Little Eve“ spielt die Autorin allerdings ihre größte und zugleich intensivste Stärke aus: das Entwerfen atmosphärischer Szenenbilder. Denn sie beschreibt die zähe, raue Beschaffenheit und die Witterungsumstände der schottischen Küsten so prägnant, dass man beim Lesen stets das Gefühl hat, der tosende Wind schlägt einem um die Ohren. Aber sie kümmert sich auch liebevoll um ihre Eve, und lässt sie - genau so schleichend wie eine Otter - vom Glauben sukzessive abfallen, immer mehr zur Atheistin - oder viel mehr zu einer Art „Lebemensch“ - werden.


Ich muss wirklich gestehen, dass mich die Story von LITTLE EVE richtig abgeholt hat. Immer wieder wurde ich beim Lesen an so viele Filmproduktionen erinnert, die vor allem durch ihre einzigartigen Konzeptionen /Atmosphäre-Komponenten glänzen konnten: „The Wicker Man“, „The Dark“, „Midsommar“, „The Witch“. Catriona Ward hat sich damit in meinen ganz persönlichen Favoritenkreis geschrieben. Spätestens jetzt kann ich verstehen, warum sie zu den großen neuen Talenten im „Thriller“-Genre gehört. Für mich persönlich ist „LITTLE EVE“ ein giftiger, verflucht genialer, hübscher Cocktail, der aus so vielen verschiedenen Sub-Genres besteht, sodass die Marke „Thriller“ alleine, ihm wirklich nicht gerecht wird. 


Inhaltsangabe:


Alles, was die Kinder kennen, ist die graue Insel Altnaharra, die einsam im dunklen Meer vor der Küste Schottlands liegt. 

Neujahr 1921. Sieben verstümmelte Leichen werden in einem uralten Steinkreis auf einer schottischen Insel entdeckt. Die Opfer sind die Kinder eines Naturkults, der von der Otter regiert wird, einem sadistischen Patriarchen. Und das Wort der Otter ist Gesetz. Vor der Welt verborgen, verehren die Kinder die Große Schlange, die im Ozean wohnt, tanzen im Morgengrauen auf den Felsen und opfern ihr Blut. Die einzige Überlebende des Massakers behauptet, Eve sei die Mörderin. Doch hinter Eves Geschichte verbirgt sich eine dunklere, seltsamere Wahrheit…


Sarah Pinborough: »Großartige Gothic-Fiction.«


Andrew Cowan: »Brillant, wunderbar geschrieben und voller Überraschungen.«


Philip Womack: »Voller dunkler Kraft und eindringlicher, verblüffender Wendungen. Man rätselt und fiebert bis zum Ende mit.«

Kommentar schreiben

Kommentare: 0