Rezension: "Der mexikanische Fluch“ von Silvia Moreno-Garcia

Liest man sich im Netz die ganzen Buchbesprechungen zu „Der mexikanische Fluch“ durch, lassen sich drei immer wiederkehrende Schlagworte festmachen:  ruhig, düster und atmosphärisch. Das trifft sich wunderbar, denn ganz genau diese Attribute habe ich mir im Vorfeld von diesem hoch gelobten „Schauerroman“ gewünscht. Doch wie sieht es nach Beenden der Lektüre aus? Wurden meine Erwartung übertroffen, oder hat Moreno-Garcia das Positive im Keim erstickt?


Lasst mich das Ganze kurz auf den Punkt bringen:


Ein nahezu verlassenes Herrenhaus, ein geheimnisvoller Brief, ein unmissverständliches Flehen und eine ahnungslose„Heldin“, die dem Verlangen ihres Beschützerinstinkts schlussendlich erliegt. Diese komprimierte  Plotzusammenfassung und der Titel „Der mexikanische Fluch“ lassen entfernt vermuten, in welche Richtung die Autorin ihre Leserschaft schicken wird. Wäre ich in freudiger Erwartung gewesen, eine klassische Haunted-House-Story vorzufinden, wäre meine Bewertung vermutlich anders (negativer) ausgefallen. Da ich aber völlig unbescholten an die Geschichte herangegangen bin, sieht die ganze Sache schon viel rosiger aus.


Denn: Wir haben es hier tatsächlich mit einer äußerst bedachten, ruhigen Erzählung zu tun, die überhaupt nicht auf Effekthascherei ausgelegt ist, ganz im Gegenteil. Ich denke, die Intention der Autorin war es zuoberst, ihre Protagonistin klar und deutlich zu zeichnen, sie als taffe, widerstandsfähige Emanze, - letztlich als tragende Säule in diesem Kammerspiel - zu etablieren, eine rundum beklemmende Atmosphäre zu schaffen und ein Setting aufzubauen, dass die Erzählung sanft umschmeichelt. Und dies ist ihr ganz hervorragend gelungen, muss ich sagen. Die Geschichte selbst gipfelt jetzt nicht gerade in einem alles entscheidenden Höhepunkt, wie man es eventuell erwarten könnte, muss sie auch nicht. Sie bewegt sich viel eher gemächlich, fast schleichend voran, lässt immer mal wieder feministische Züge durchscheinen und bietet zudem auch noch einigen Raum für Interpretationen. Was ich zudem noch sagen möchte: Ich bin mir nicht ganz sicher, welches Genre Moreno-Garcia hiermit bespielt, wahrscheinlich befindet sich ihr - wie er im Original heißt - „Mexican Gothic“ - Roman irgendwo zwischen subtilem Schauerroman, Familienportrait und feministischem Drama.

Auf jeden Fall pflegt sie einen äußerst anmutenden, vornehmen, einprägsamen Schreibstil, der mir ungemein gut gefallen hat. Altmodisch, aber nicht altbacken, ein klein wenig pathetisch, aber nicht kitschig. Genau mein Ding! ❤️


Schlussendlich bin ich zu der Auffassung gekommen, dass die Autorin ein wirklich solides, - in seinem Grundtonus - total suspektes Buch (was ich zugegebenermaßgen gar nicht so erwartet hätte) auf den Markt gebracht hat, das von Anfang bis Ende intelligent konzipiert wurde, viele feine Überraschungen bereithält, eine kluge, robuste, stark gezeichnete Powerfrau beherbergt, viel Finesse für die atmosphärische Komponente übrig hat und mit jeder Menge schauriger Eindrücke aufzuwarten weiß. Ja, die erste Hälfte der Erzählung dient eher als Einleitung und ist nicht gerade von brachialer Spannung geprägt und auch die Nebencharaktere bleiben leider total blass, das gebe ich gerne zu, hinteraus aber macht der Text in Sachen Dramatik einen guten Job! Ich fand’s in der Summe aller Einzelteile - ohne jetzt groß euphorisch zu werden - durchaus gelungen!


Inhaltsangabe:


Ein entlegenes Herrenhaus in den mexikanischen Bergen. Eine mutige junge Frau. Und ein dunkles Geheimnis.

Mexiko, 1950: Ein verstörender Brief führt die junge Noemí in ein entlegenes Herrenhaus in den mexikanischen Bergen: Dort lebt ihre frisch vermählte Cousine Catalina, die behauptet, ihr Mann würde sie vergiften. Sofort tauscht Noemí die Cocktailpartys der Hauptstadt ein gegen den Nebel des gespenstischen Hochlands. High Place ist der Sitz der englischen Familie Doyle, in die Catalina überstürzt eingeheiratet hat. Doch das Ansehen der Doyles ist längst verblasst und ihr Herrenhaus zu einem dunklen Ort geworden. Gut, dass Noemí keine Angst hat – weder vor Howard Doyle, dem widerwärtigen Patriarchen der Familie, noch vor Catalinas eitlem Ehemann Virgil. Aber als Noemí herausfindet, was auf High Place vor sich geht, ist es zu spät: Sie ist längst in einem Netz aus Gewalt und Wahnsinn gefangen…


„Ein unglaublich intelligenter Roman, der tiefe Abgründe in eine außer- gewöhnliche

Geschichte eröffnet.“ (New York Times)


„Fesselnd! Als würden

übersinnliche Kräfte uns zwingen, die Seiten

umzublättern.“ (The Washington Post)


„Unwiderstehlich! Eine düstere und feministische Wiedererweckung des

Schauerromans.“ (Vanity Fair)

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Kommentare: 1
  • #1

    holo (Donnerstag, 12 Oktober 2023 01:35)

    Schade um das Papier, das hier verschwendet wurde-