Rezension: "Gegenlicht“ von Bernhard Aichner

Bevor ich mit meiner obligatorischen Lobhudelei starte (die ich übrigens seit der „erste Stunde“ etabliert habe), möchte ich noch ein paar kritische Punkte loswerden:

1. Warum müssen wir eigenlich immer so verdammt lange auf einen neuen Aichner warten? (Pure Folter, Minuspunkt!!! 😉) 2. Warum beherrscht dieser Kerl dieses Genre so verdammt gut? Warum sitzt hier jeder Satz? Jedes Wort!? Jeder Dialog!? Das ist doch schlichtweg unfair gegenüber den Autorenkollegen! Weiterer Minuspunkt!!!

3. Warum reserviert sich Aichner nach jeder Veröffentlichung den ersten Platz auf der Bestsellerliste? Und das gleich für mehrere Wochen? Unerhört!!! Was sollen bloß die anderen denken?


So. Das sind die ersten und letzten kritischen Stimmen, die ich jemals über Bernhard Aichner verlieren werde! Warum? Weil es ganz einfach nichts zu kritisieren gibt. Weder an seiner Person, noch an der Art und Weise, wie er das Krimi-/Thrillergenre revolutioniert hat. Ich sage bewusst „revolutioniert hat“, da es - meiner Meinung nach - noch kein anderer Schriftsteller geschafft hat, das Genre so brutal aufzubrechen und in stilistischer Hinsicht einen derart bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Ja, ich würde fast meinen: Niemand kann sich mit ihm auf einer Ebene niederlassen. Ergo komme ich immer wieder zu demselben Schluss: Aichner ist für mich DER Krimi-/Thrillerautor. Er punktet nicht nur mit einer extrem außergewöhnlichen Stilistik, perfekten Dialogen, mit einem besonders begabten Händchen für Charaktere, nein,…er schafft es auch, hervorragende Handlungsstränge zu bauen und diese über die gesamte Lesedauer konstant unterhaltsam zu halten. Ganz im Stile eines absoluten Könners!


Nun zu „Gegenlicht“:


„[…]Der war beinahe unversehrt, ein Wunder nach einem Sturz aus dieser Höhe. War ein Glück, dass er ins Grad gefallen ist und nicht auf die Betonplatten da drüben. Wäre eine ziemliche Sauerei gewesen sonst. Da hätte ich stundenlang schrubben müssen, um das wieder sauber zu bekommen. Sie müssen nämlich wissen, das mein Kärcher kaputt ist. Verdammt praktisch so ein Kärcher. Kennen Sie doch, oder? Ist so ein Hochdruckreiniger, der hätte das alles in null Komma nix weg gemacht. Aber wie gesagt, ist kaputt im Moment.[…]“


Mir ist bereits bekannt, dass Bernhard Aichner dazu fähig ist, richtig starke, emotionale Bilder/Geschichten/Dialoge entstehen zu lassen, aber dass er in den letzten Jahren derart an der Humoristik-Schraube gedreht hat, das ist mir relativ neu. Auch wenn die Handlung eher dramatischer Natur ist, habe ich oftmas so herrlich und feierlich abgelacht,…dass es beinahe weh getan hat. Einfach deshalb, weil die Charaktere untereinander so komisch interagieren. Was sie zu sagen pflegen, vor allem WIE sie es tun. Göttlich!

Zur Ausführung der Gesamtheit gibt es nichts zu bemängeln. Wie immer: Perfekt geschrieben. Die Handlung ist stark. Das Setting ist klasse. Die Beziehungen zwischen den Figuren (aus Band I) sind aufgegriffen worden und fließen wunderbar in den Folgeband ein.

Ich muss ja zugeben, dass ich oftmals meine Probleme mit Folgebänden habe (grundsätzlich!), da sie - meiner Meinung nach - selten bis kaum an den Vorgänger heranreichen. Bei Aichner läuft die ganze Sache etwas anders. Hier ist immer eine Steigerung zu spüren, hier wird sich ständig weiterentwickelt, verbessert und an der Konzeption gearbeitet, damit hinterher kein konstruierter Bullshit dabei herauskommt. Rhetorische Frage am Rande: Warum sollte er auch groß an der altbewährten Konzeption (Dieses nebeneinander, abwechselnde Existieren von Erzählstrang und Dialog) etwas ändern, wenn sie doch so zuverlässig funktioniert, so stabil, so unterhaltsam und letztendlich auch außergewöhnlich ist? Es lässt sich also von meiner Warte aus sagen, dass mir Band II noch eine kleine Schippe besser gefallen hat.


Inhaltsangabe:


Es ist Sommer in Berlin. Ein Mann fällt vom Himmel. Ein blinder Passagier, versteckt im Fahrwerkraum eines Flugzeugs. Ein Leben, das im Garten einer hübschen Jugendstilvilla endet. Noch im Tod wird der Mann beraubt – und eine Geschichte aus Not und Gier nimmt ihren Anfang. Sie wird viele Leben kosten und manche Träume zerstören. Pressefotograf Bronski und seine Kollegin Svenja Spielmann recherchieren in einer Welt der Gewalt und des schönen Scheins.


Seit er denken kann, fotografiert Bronski das Unglück. Richtet seinen Blick auf das Dunkle in der Welt. Dort, wo Menschen sterben, taucht er auf. Er hält das Unheil fest, ist fasziniert von der Stille des Todes – und immer wieder auf der Suche nach einem Leben, das Sinn verspricht und auf die Liebe setzt.

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