Rezension: "Das Jahr der Hexen“ von Alexis Henderson

Vorab möchte ich euch eine mir selbst auferlegte Grundsatzbestimmung darbieten, die euch möglicherweise verwundern, erschrecken, bzw. ungläubig stimmen wird: Ich bin überhaupt kein ängstlicher Mensch und es gibt (beinahe) nichts, wovor ich mich fürchte. Egal ob der mit Machete und Axt ausgestattete Serienkiller, der nachts aus dem Kleiderschrank springt um mich zu killen, der Poltergeist, der im Esszimmer versucht die Stühle zu verrücken, der Dämon, der sich meines Körpers bemächtigt,…

Aber eine Sache bereitet mir extremes Unbehagen: Die mögliche Existenz von Hexen. Ich spreche nicht von jener verachteten Gruppierung, die vor mehr als Tausend Jahren verbrannt wurde, weil sie der Kräuterkunde mächtig war, ich meine auch nicht jene Darstellungen von alten, betagten Frauen, die mit Wirbelsäulenproblemen, krummen Nasenscheidewänden und Warzen zu kämpfen haben, keine Zeichentrickhexen (obwohl ich die Hexe aus Schneewittchen grausam fand; ebenso bin ich kein Fan von Malefiz), ich rede auch nicht von denen, die aus irgendeinem Schattenbuch irgendwelche Zaubersprüche vortagen, nur um damit einen eventuell in Erscheinung getretenen Dämon in die Flucht schlagen zu können. Nein. Ich spreche von grausigen, paranormalen Überlieferungen, die vom Klatsch und Tratsch der Bevölkerung angeheizt werden, jene, die einen („Hexen“-)Mythos befeuern, der sich seit Generationen etabliert hat, jene, deren Erscheinung/Existenz nicht fundiert bewiesen werden kann und - genau aus diesem Grund - Platz für Interpretationen, jede Menge Auslauf und Bewegunsfreiheit für vielerlei Dichtungen übrig lässt. Kurzum: Ich HASSE die Blair Witch, ich HASSE die Zahnfee von Darkness Falls, ich HASSE die Frau in Schwarz, ich HASSE den Grundtonus von „The Witch“, ich HASSE Heuvelts „Hex“,…


Soviel dazu. Jetzt kommen wir zur Geschichte von „Das Jahr der Hexen“ und der Fragen:


Welche Form der Hexerei schickt Alexis Henderson ins Rennen?


Auf welchem Terrain bewegt sich die Autorin? Drama? Horror? Eine Kombi mit Mystery-Elementen?


Wie verhält sich der recht überschaubare Plot zur 520-seitigen Ausführung?


Also: Die Handlung wirft den Leser/die Leserin erstmals ins puritanische Zeitalter zurück, wo es von gottesfürchtigen, abergläubischen Menschen nur so wimmelt. Wer die Existenz von Gott verneint, steht automatisch auf der Abschussliste und somit auch auf der Seite des Teufels. Soll heißen: Atheist zu sein, bedeutete damals das sichere Todesurteil. Vorausgesetzt man kommt aus einer unterpriviligierten Schicht und/oder hatte das nicht seltene Pech, als Frau geboren worden zu sein. Das bedeutete: Wer nicht blutet, der nicht fruchtbar und somit reif fürs Altpapier. Wer sündigt (Lesen, Gebote brechen, Abendgebete vergessen,…), der muss auch dementsprechend bestraft werden. Und der Universalcode lautet: Wenn du in das gebärfreudige Alter kommst, mutierst du zum Freiwild, stehst nun (offiziell) zum Abschuss bereit und darfst dich - ich drücke es liebevoll aus - von irgendeinem fremden Mann besitzen lassen.


Obwohl sich die Geschichte, vor allem das atmosphärische Setting, nahtlos in das tugendhafte Gesellschaftsbild des Puritanismus eingliedert, hat sich die Erzählung - zu meiner Überraschung - relativ zeitlos und modern angefühlt. Das liegt zumal am fortschrittlichen Schriftbild der Autorin, an der avantgardistisch Ausrichtung der Charaktere, sowie an dem harmonischen Zusammenspiel zwischen Handlung und Setting. Henderson räumt die verstaubten Klischees in eine alte Truhe und lässt der plastischen, elitären Ausdrucksform von früher keinen Raum zur Entfaltung. Stattdessen pflegt sie ihren eigenen, der Gegenwart angepassent Sound, der Anfangs etwas Fehl am Platz wirkt, sich aber schnell zum Markenzeichen entwickelt. Auch wenn es in den Pressemeinungen heißt: „…eine Geschichte über die Macht der Frauen“, „Entstaubt die alte puritanische Geschichte, um sich mit Fragen des Rassismus und Sexismus zu befassen.“, muss ich gestehen, dass ich diese tiefer gehende Aufarbeitungen von sozialkritischen Themen nicht wirklich ausmachen konnte. Was übrigens nicht weiter dramatisch ist, wenn man bedenkt, dass „Das Jahr der Hexen“ ein Thriller sein soll und daher zu keinem Zeitpunkt vorgibt, etwas anderes sein zu wollen, als eine unterhaltsame Lektüre, ohne tiefergehende Belehrungen.


Inhaltsangabe:


Ein atemberaubender Roman über eine junge Frau, die in einer unerbittlich puritanischen Gesellschaft lebt und dunkle Kräfte in sich entdeckt. 


In Bethel ist das Wort des Propheten Gesetz. Allein Immanuelles bloße Existenz durch die Liebe ihrer Mutter zu einem Fremden ist Gotteslästerung. 

So wie alle anderen Frauen in der Siedlung führt Immanuelle ein Leben der Unterwerfung und absoluten Hingabe. 

Doch dann betritt sie die verbotenen Dunklen Wälder, die Bethel umgeben. Sie werden von den Geistern von vier Hexen heimgesucht. Diese machen Immanuelle ein außergewöhnliches Geschenk: Das Tagebuch ihrer verstorbenen Mutter... 

Fasziniert von den geheimnisvollen Aufzeichnungen, fällt es Immanuelle schwer zu verstehen, weshalb sich ihre Mutter mit den mächtigen Hexen verbündete. Bis sie die grausame Wahrheit über den Heiligen Krieg des ersten Propheten erfährt, bei dem unzählige Frauen und Mädchen missbraucht, gefoltert und verbrannt wurden. 


Louisa Morgan: »Eine finstere, dramatische Geschichte über Unterdrückung und Rebellion, Ideologie und Moral. Die komplexe, hinreißende Hauptfigur ist in einem Albtraum à la ›The Handmaid’s Tale - Der Report der Magd‹ gefangen.« 


Rena Barron: »Erschütternd und atemberaubend ... Erzählkunst vom Feinsten.« 


Amanda Lovelace: »Eine brutale Geschichte über Religion, Hexerei und Patriarchat. Die perfekte Lektüre für Fans von ›The Handmaid’s Tale - Der Report der Magd‹.«


O, The Oprah Magazine: »Das Jahr der Hexen erzählt eine universelle, zeitlose Geschichte über die Macht der Frauen.«


Shea Ernshaw: »Eine vollendet beklemmende, feministische Geschichte, die den Leser packt und nicht mehr loslässt.«


The Washington Post: »Entstaubt die alte puritanische Geschichte, um sich mit Fragen des Rassismus und Sexismus zu befassen.«

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