Rezension: "Hard Land“ von Benedict Wells

Wer ein Verwandschaftsverhältnis zu dem großartigen Ferdinand von Schirach pflegt, der muss doch schriftstellerisch etwas auf dem Kasten haben? Das ist mein - bis dato - erster und letzter, kurz gesagt: mein einziger Eindruck, wenn es um Benedict Wells geht. Und die vielzähligen positiven Presse- und Lesermeinungen natürlich. Denn: „Hard Land“ ist tatsächlich mein allererstes Buch vom Deutsch-Schweizer. „Becks letzter Sommer“, „Spinner“, „Fast genial“ hab‘ ich verpennt, mich „Vom Ende der Einsamkeit“ - aufgrund des Megahypes - bewusst distanziert und „Die Wahrheit über das Lügen“ wollte ich keinesfalls als Einstiegsdroge nehmen. Nun ist es soweit. „Hard Land“ steht in den Buchläden und ich fühle mich aufgrund der wirklich ansprechenden Inhaltsangabe dazu verpflichtet, das Ding zu lesen, zu zerlegen und im Anschluss meinen Senf dazu zu geben. Was mich zu den Fragen führt: Wer ist Wells? Wie schreibt er? Ist die Überschwänglichkeit gerechtfertigt? Mal sehen.


Auf jeden Fall hat er schon mal eine Story im Gepäck, die sehr authentisch und ehrlich rüberkommt. Zudem bewegen sich darin klare Figurenbilder, die durchaus aus dem Leben geformt sein könnten. Damit sammelt der Gute schon mal Pluspunkte. Interessant fand ich übrigens auch die Tatsache, dass Wells über die 80er derart präzise zu berichten weiß, so, als hätt er ebenfalls seine Jugendzeit in dieser „Epoche“ verbracht. (Auch was den Transport der Atmosphäre bzw. der Authentizität der damaligen Zeit betrifft, beweist er ein ernstzunehmendes, durchwegs glückliches Händchen.) Ich persönlich sehe diese Coming-of-Age Erzählung von Wells nicht etwa als Hommage an dergleichen Romane, sondern als Huldigung der 80er Jahre per se. Und das hat er mit dem bestmöglichen Respekt und dem dafür nötigen Feingefühl umgesetzt.


In „Hard Land“ lässt sie so ziemlich jede Jugendsünde, jeder Leichtsinn, jedes körperliche und geistige Spiel mit der eigenen Identität, jedes Erwachsenwerden, jeder Fauxpas, jedes „Erste Mal“ wiederfinden, das man sich von diesem Genre erwartet: Das erste Mal ein Gefühl von Freiheit. Unabhängigkeit. Die erste Verliebtheit. Der erste Liebeskummer. Die erste Liebe. Das erste Mal. Der erste Streit. Die erste Zigarette. Das erste Mal Kinofeeling. Die erste Tracht Prügel. Die zweite Tracht Prügel. Und nicht zuletzt: Das erste Mal völlige Unabhängigkeit.

Diese Umstände hat Wells zu einer einer richtig guten Geschichte geformt, die klar von den Protagonisten dominiert und von der Atmosphäre der 80er geleitet wird.

Um ehrlich zu sein muss ich zugeben, dass mir die sprachliche Ausführung an manchen Stellen zu primitiv, zu konturlos war, das wiederrum dazu geführt hat, das die emotionale Komponente ein klein wenig darunter gelitten hat. Aber: Ich konnte gut und gerne darüber hinwegsehen, da mir die Erzählung an sich sehr imponiert hat.


Inhaltsangabe:


Missouri, 1985: Um vor den Problemen zu Hause zu fliehen, nimmt der fünfzehnjährige Sam einen Ferienjob in einem alten Kino an. Und einen magischen Sommer lang ist alles auf den Kopf gestellt. Er findet Freunde, verliebt sich und entdeckt die Geheimnisse seiner Heimatstadt. Zum ersten Mal ist er kein unscheinbarer Außenseiter mehr. Bis etwas passiert, das ihn zwingt, erwachsen zu werden. Eine Hommage an 80’s Coming-of-Age-Filme wie ›The Breakfast Club‹ und ›Stand By Me‹ – die Geschichte eines Sommers, den man nie mehr vergisst.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0