Rezension: "Kühe“ von Matthew Stokoe

In einer zurückliegenden Novitätenvorschau über den weltweit gefeierten Urban Horror Kult-Klassiker ‚Cows’, habe ich bereits überaus deutlich verlauten lassen, dass Matthew Stokoe (‚High Life‘) „DER literarische Geisteskranke unter den Geisteskranken“ sei.

Knapp 250 gewalttätige Buchseiten später, nachdem ich freiwillig Zeuge von unzähligen Widerwärtigkeiten geworden und einer Vielzahl an exzessiven Utopien zum Opfer gefallen bin, dürfte klar sein: JA, Stokoe ist ein absoluter Irrer, ein Unikum, ein leidenschaftlicher Pornograph, der die Anarchie liebt, das menschliche Chaos ausschlachtet und den Kontrollverlust menschlicher Normen/Moralvorstellungen als feierlichen Akt voranstellt.

Kein Wunder, dass die Herrschaften vom Festa Verlag diesen grausamen Grenzgänger erst ab 18 Jahre über die Online-Ladentheke schiebt und diesen Titel - zuvorkommenderweise - auch noch mit einem Warnhinweis etikettiert:

 

Brutalität/Gewalt: Volle Punktzahl!

Sex/Obszönität: Abermals volle Punktzahl!

 

Durchforstet man die unten stehenden Kritiken, so muss man sich mit einer „...wirklich ekligen Verhöhnung der Normalität...“ auseinander setzen, und „Eine Phantasmagorie der extremen Gewalt, des Todes, der Sexualität, der Bestialität, der Selbstchirurgie, der Folter...“ in Kauf nehmen.

 

Doch der wohl erschreckendste Aspekt dieser höchst unterhaltsamen Gewaltorgie (neben der permanenten Reizüberflutung versteht sich), ist die Tatsache, dass Stokoe nicht nur Kopf und Gliederschmerzen verursachen, literweise Blut vergießen, oder lang anhaltenden Brechreiz initiieren kann, sondern vor allem einen literarischen Anspruch an den Tag legt, der in diesem eigenwilligen Genre - DEFINITIV - seinesgleichen sucht!

 

Einen weiteren wesentlichen Themenschwerpunkt der Erzählung (in gewaltgeile Szenenbilder verpackt), stellt die - in den Medien oftmals ästhetisch aufpolierte - (masochistische) Beziehung zwischen Metzger und Schlachtvieh dar, dessen zentrale Rolle nicht etwa die nachhaltige „Notwendigkeit“ der Fleischverarbeitung sein soll, sondern die eigene Lust am Töten, den gefühlskalten Machtmissbrauch, sowie die sadistische Auslebung krankhafter Fantasien frenetisch in Szene setzt. Hier wird das Vieh nicht nur notgedrungen zur Schlachtbank geführt, sondern in Fließbandarbeit feierlich abgeschlachtet und der Akt des Mordens demonstrativ zelebriert! Den herbeigesehnten Funken Mitleid könnt ihr euch - in Bezug auf Stokoe - zu 100% in die Haare schmieren!!!

Ob ich nach diesem wilden Ritt nochmal bereit sein werde, Fleischgerichte auf der Karte zu ordern, das sei mal vorsichtshalber dahingestellt...

Und wenn mich schon die Thematik des Romans nicht zum strikten Vegetarier mutieren lässt, dann doch wohl die folgende Passage: „Fleisch hat kein Gehirn. Es arbeitet einfach, bis es stirbt oder jemand es aufschlitzt.“

 

Fazit:

 

Matthew Stokoe hat das ultimative Ekeldrama geschaffen, in dem sich speziell angefertigte Figuren befinden, die um ein Vielfaches kaputter/schrecklicher sind, als das vulgäre, abgewetzte Setting selbst. Hier werden Innereien aus Lebewesen rausgef****, brutal entfernt, gekocht, gefressen und achtlos in die Zimmerecke gekotzt. (Und das ist wahrlich noch das Harmloseste!)

Man verfolgt eine grausame, manipulative „Mutter“, die nicht nur - liebend gerne - hinter den Spermaflecken ihres Sohnes herfegt, sondern auch eine brachiale Machtdemonstration ihm gegenüber genießt, dass dem Leser die eigene Wut wahrlich im Hals stecken bleibt!

Man muss sich für diese Lesestrecke jetzt nicht unbedingt sieben Mägen wachsen lassen, aber den Kotzeimer neben dem Sofa sollte man vorsichtshalber bereitstellen.

 

Inhaltsangabe:

 

Steven ist 25 Jahre alt. Im Fernsehen beobachtet er all die perfekten, fröhlichen Menschen und träumt davon, selbst das normale Glück zu finden. Vielleicht mit Lucy, die eine Etage über ihm wohnt – auch wenn ihre Besessenheit für Vivisektionen echt krank ist. 

Aber Stevens Mutter würde das niemals zulassen. Sie hasst ihn und will ihn zerstören: »Sie verabscheuten einander seit dem Augenblick, als sie ihn aus ihrer Fotze gedrückt hatte. In der zugemüllten Küche hatte sie ihn auf dem Tisch, an dem sie heute noch aßen, aus dem blutigen Schlamassel zwischen ihren Beinen gezogen und verflucht. Und er hatte ihr, da er spürte, dass es sein ganzes Leben lang noch schlimmer kommen würde, gleich in die Augen gepisst.« 

Als Steven Arbeit in einem Schlachthaus findet, offenbart ihm der unvorstellbar perverse Vorarbeiter Cripps, wie man durch das Töten von Kühen ›echte Erfüllung‹ findet. Doch die Tiere beginnen mit Steven zu reden und sie bitten um Hilfe…

 

Kirkus Review: »Der literarische Underground-Schocker Stokoe schlägt seine Leser mit dieser blutigen, wirklich ekligen Verhöhnung der Normalität voll ins Gesicht.«

 

Publishers Weekly: »Eine Phantasmagorie der extremen Gewalt, des Todes, der Sexualität, der Bestialität, der Selbstchirurgie, der Folter und einer wirklich, wirklich, wirklich schlechten Mutter-Sohn-Beziehung, die da beginnt, wo der Marquis de Sade aufhörte. Stokoe ist ein begabter Schriftsteller, was den Inhalt umso schrecklicher macht…«

 

Dennis Cooper: »Sehr verstörend und überirdisch begnadet. Die vernichtende Schilderung des Lebens in der britischen Unterschicht. Cows gilt als der mutigste englischsprachige Roman der letzten Jahrzehnte.«

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