Rezension: "Porzellankind“ von Myriane Angelowski

Meine Buchbesprechung definiere ich heute mal anhand sechs prägnanter Aspekte, die bereits in der Einleitungsphase von „Porzellankind“ auftreten und den Titel gut nachvollziehen:


1. Aufgrund der etwas spezielleren Ausarbeitung, der Charakterformung und der stilistischen Prägung wird sofort klar, dass man es definitiv NICHT mit einem gewöhnlichen Mainstream-Thriller zu tun, dafür ist das Konzept viel zu eigenwillig, viel zu individuell, schlicht und einfach zu eigenständig. Man tut jedenfalls gut daran, diesen Sachverhalt vorab zu verinnerlichen.


2. Myriane Angelowski ist mit einer besonderen Gabe gesegnet worden: Es ist ihr – auf unerklärliche Weise - möglich, Elemente aus dem klassischen „Thrillerhandbuch“ heranzuziehen, die Atmosphäre eines abgeschwächten Schauerromans drüber zu stülpen und das Ganze im Endeffekt als Familiendrama zu positionieren. Ein verdammt hartes Unterfangen, das sie aber grundsolide gemeistert hat.


3. Eines scheint klar zu sein: Sie nimmt kein Blatt vor den Mund. Dies hat sie – meiner Meinung nach - auch gar nicht nötig. Denn durch ihren lakonischen, direkten Stil, simpel gestrickte Sätze aufzubauen und Bausteine dennoch kunstvoll anzuordnen, kann sich ihre Besonderheit in der Sprachausführung bestens entfalten. Das mag einigen Lesern möglicherweise nicht gefallen, bzw. relativ lapidar, oder gar stümperhaft erscheinen, mir persönlich bleibt diese Frische im Genre durchaus positiv in Erinnerung.


4. Außerdem auffällig: Angelowski pflegt ihren Text, sie umspielt diesen, peppt ihn mit interessanten Wortkombinationen auf und lässt ihn so qualitativer, hochwertiger erscheinen. Dass dies oft dazu dient, den trügerischen Schein im besseren Licht darstellen zu lassen, ist längst kein Geheimnis mehr. Kalkulation? Notwendigkeit? Kluge Autorentaktik? Im Fall „Porzellankind“ ist dies aber auf die qualitative Schreibe der Autorin zurückzuführen.


5. Die Autorin lebt im Hier und Jetzt! Klares Indiz: Der Text spielt im Präsens. Anfangs zwar etwas gewöhnungsbedürftig, wandelt sich aber recht schnell zur Gewohnheit.


6. Die Charaktere sind allesamt unliebsam, unsympathisch, distanziert. Im Normalfall, ein absolutes No-Go! Ihr wisst: Ich bin ein klarer Verfechter von stark konzipierten, optimal ausgearbeiteten Charakterzeichnungen, lege besonderen Wert auf Weiterentwicklungen der Protagonisten, liebe es, wenn Figuren Ecken und Kanten haben, wenn sie hübsch präpariert und authentisch in Szene gesetzt wurden. Doch was ist in der modernen Literatur schon normal? Myriane Angelowski hat diese Haupthandlung jedenfalls so ausgerichtet, dass Sympathie, Empathie und alles was dazu gehört, als gravierende Störenfriede auftreten würden. Es klingt seltsam, aber dieses Antagonisten-Dasein spielt ihr gehörig in die Karten und lässt den Text kräftiger, glaubwürdiger erscheinen. Es entsteht dadurch eine plötzlich in Erscheinung tretende Hassliebe, gegen die man sich als Leser kaum wehren kann. Hier gilt abermals: Lässt man sich auf diese Konzeption ein, weiß man diesen Standpunkt zu würdigen, so wird dieser Text jede Menge Spaß bereiten.


„Der Teufel haust in einer Hölle, und wenn er gerade nichts Garstiges tut, schläft er im Schein des Fegefeuers auf dem Schoß seiner Großmutter! Er hat Pferdefüße und drei goldene Haare.“


Inhaltsangabe:


Ein zutiefst erschütternder Psychothriller. 


Ellis ist ein phantasievolles Kind. Leise und einsam bewegt sie sich durch die Villa der Eltern. Denn ihre Mutter erträgt keine Nähe. Und keinen Lärm. Ellis’ Bruder ist ein Schreikind. Sein Gebrüll wird zur familiären Belastung – bis er schließlich für immer verstummt. Was ist geschehen? Schritt für Schritt entwickelt sich zwischen Ellis und ihrer Mutter ein verstörendes Intrigenspiel, bis Ellis erkennt, dass es mehr als eine Wahrheit gibt. Sie beschließt, abzurechnen. Bedingungslos ...

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