Rezension: "Der Bär und die Nachtigall“ von Katherine Arden

Dunkle Wälder, eisige Winde, verängstigte Kinder und eine umherwandernde, todbringende Gestalt mit frostblauen Augen, mit Krallen, die gewaltsamer und endgültiger nicht sein können. Diese mystischen Grundelemente bilden den Kern von Katherine Ardens Debütroman: „Der Bär und die Nachtigall“


Es gibt Märchenadaptionen, die völlig falsch interpretiert werden, jene, dessen Charme durch die neu konzipierte Überlieferung verloren geht, jene, die das Geheimnis um einen Mythos verharmlosen, verniedlichen, kaputtmachen, ihn aufgrund des neuen Arrangements beleidigen, jene, die Charaktere beherbergen, deren altertümlicher, zauberhafter Auftritt abhanden gekommen ist, jene, die den Sprung in die moderne Fassung nicht überlebt haben und jene, deren eigener literarischer Tod sie davor bewart, beim Leserhirn, einen groben, langfristig anhaltenden Schaden zu verursachen.


All diese negativen Faktoren treffen auf Katherine Ardens Geschichte NICHT! zu. Neben einer hervorragenden, mir bislang unbekannten Grundstory, schafft es die Autorin bravourös, die standardisierten Wertvorstellungen, den Reiz, und die typischen Moralpredigten eines Märchenklassikers mit den inhaltlichen Kulturen einer Volkssage zu verbinden. Osteuropäische Folklore, trifft auf klassisches Ammenmärchen, trifft auf subkulturelles Sittenbild.


Ein falsch verstandenes Grundprinzip, dass der Überlieferung im Allgemeinen sehr häufig den Hals bricht, weil Charme und Charakter meist darunter leiden, ist die unangebrachte Erzählstruktur. Märchen müssen unterkühlt, distanziert, strukturiert, beinahe dokumentarisch ausgeführt sein, triefende Emotionen (so gern wir sie auch in Büchern vorfinden) sind hier eindeutig fehl am Platz.

Theatralische Konstruktuonen in der Dialogführung: Ja. Emotionale Reizüberflutung: Nein.


Um es auf den Punkt zu bringen: „Der Bär und die Nachtigall“ vereint alle relevanten Komponenten, die eine Erzählung dieser Gattung ausmachen, um schlussendlich als gut konzipierte Märchenadaption zu funktionieren.

Zudem ist die Ausführung der Geschichte äußerst klug, gefühl- sowie hingebungsvoll, weise, düster und wunderschön (The Washington Post) zugleich anglegt.

Nicht zu vergessen, dass Katherine Arden auch jede Mege schriftstellerisches Einfühlungsvermögen durchsickern lässt, betrachtet man den starken, stilvollen Auftritt der Autorin. Und obwohl sie ihre Protagonistin im ersten Drittel der Erzählung etwas vernachlässigt, so fügen sich sämtliche (Neben-) Handlungsausschnitte dennoch bestens in die Geschichte ein!


Eine Empfehlung gibt es für Genre-Fans auf jeden Fall!


Inhaltsangabe:


In einem Dorf am Rande der Wildnis, weit im Norden Russlands, wo der Wind kalt bläst und der Schnee viele Monate des Jahres fällt, erzählt die alte Dienerin Dunja den Kindern des Grundbesitzers Pjotr Wladimirowitsch Geschichten über Zauberei, Folklore und den Winterkönig mit den frostblauen Augen. Verbotene Geschichten über eine uralte Magie. Doch für die junge, wilde Wasja sind dies weit mehr als Märchen. Sie allein kann die Geister sehen, die ihr Zuhause beschützen. Und sie allein spürt, dass sich in den Wäldern eine dunkle Magie erhebt ... 

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