Rezension: "Dragon Teeth“ von Michael Crichton

Bei diesem aus dem Nachlass von Michael Crichton stammenden Prequel zu Jurassic Park scheiden sich eindeutig die Geister. Lesermeinungrn reichen von „Just great!“, „Ein echter Crichton!“, bis hin zu „Langweilig, staubtrocken und so gar kein Jurassic Park Feeling“.


Doch wie verhält es tatsächlich mit dieser relativ spät an die Öffentlichkeit geratene Vorgeschichte? Was kann man diesem lang ersehnten Titel abgewinnen? Ist an den Kritikpunkten der Leser womöglich etwas Wahres dran? Oder wird hier schlichtweg eine bedachte, unterhaltsame Erzählung, ein durchwegs stark konzipierter Subtext mit Händen und Füßen getreten?


Auf jeden Fall haben wir es hier mit einer wirklich interessanten -  um 1875 angesiedelten - Abenteuergeschichte zu tun, die die Explorer William Johnson und Professor Othniel C. Marsh/Edward Drinker Cope auf ihrer paläontologischen Expedition durch die amerikanische Wildnis begleitet. Ihr Weg führt sie von Pennsylvania über das - hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung - mehr als faszinierende Chicago und endet in Deadwood, einem Territorium in den Rocky Mountains. Ziel der Reise: Es sollten Ausgrabungen durchgeführt werden, die - wie kann es auch anders sein - einen entscheidenden Fund zutage fördern soll. So viel darf an dieser Stelle verraten werden.


Michael Crichtons Figur - William Jason Tertullius Johnson - war in seiner Jugendzeit ein tagebuchschreibender, aus bürgerlichem Elternhaus stammender Kleinkrimineller, der Bewährungsstrafen, Alkoholexzesse und eine kaputte Schaufensterscheibe zu verantworten hatte. Er hat also einen übermütigen, vorlauten Protagonisten erschaffen, der optimal in das vorgesehene Setting der Geschichte zu passen scheint. Genau das hat er meiner Meinung anch auch getan.


Es lässt sich also sagen:


„Dragon Teeth“ ist ein außergewöhnlich starker Western-Roman, wie er im Buche stehen müsste. Er ist nicht nur eine höchst unterhaltsame Abenteuergeschichte aus der Feder des Jurassic Park-Vaters, er blickt auch äußerst kritisch auf den Wandel der amerikanischen Kultur, lässt jede Menge Bürgerkriegsgeschichte durchscheinen und bringt das 19. Jahrhundert mit all seinen Facetten, mit all den selbstgefälligen Bürgern in die Neuzeit zurück, geprägt durch die große Unabhängigkeit einer ganzen Nation. Hinzukommt, dass man als Leser durch ein ganz wunderbares Setting geschickt wird, in dem sich zwei ganz eigenwillige Rivalen einen erbitternden Kampf um Erkenntnisse der Wissenschaft liefern.


Wer hätte gedacht, dass die Entstehungsgeschichte jener Spezies die wir so sehr lieben, hier ihren Anfang genommen hat. Wer hätte es für möglich gehalten, dass der alles entscheidende Fund, jener, der eine enorme Kettenreaktion ausgelöst hat, auf eine stupide Wette zweier Klugscheisser zurückzuführen ist. Wer hätte daran geglaubt, wenn Michael Crichton es mit dieser Western-Story nicht zur absoluten Wahrheit erklärt hätte?


Zusammenfassend: Die Suche nach paläontologischen Errungenschaften und damit verbundene Hoffnung, wissenschaftliche Fortschritte dokumentieren zu können, bildet das Zentrum der Geschichte. Die Charaktere, sowie deren Dialoge sind Crichton wahnsinnig gut gelungen, das Handlungskonzept ist/bleibt interessant und lässt sich durchaus charmant in den Jurassic Park Zyklus eingliedern. Nicht zu vergessen: Die sprachliche Ausführung ist wunderbar.  


Eines muss ich aber noch sagen: Knallharte Action und fesselnde Spannungsmomente sucht man hier leider vergebens. Man muss sich vielmehr die Zeit nehmen und sich auf die etwas behutsame Geschichte einlassen, erst dann wird man den wahren Charakter der Erzählung entdecken können. Für mich war es dennoch eine rundum gelungene Angelegenheit, die es absolut wert ist, gelesen zu werden. Egal ob als Prequel, oder Stand-Alone. Ich bin begeistert!


Inhaltsangabe:


Der Ursprung von Jurassic Park.


Wyoming, 1875: So wie die Erde unter den donnernden Büffelherden des noch wilden Westens bebt, wird die Welt von der Entdeckung einer noch größeren, viel älteren Naturgewalt erschüttert. Fossile Funde belegen: Einst müssen riesige Urzeitwesen die Erde bevölkert haben - die Dinosaurier. Damit rückt ein wenig beachteter, aber revolutionärer Wissenschaftszweig, die Paläontologie, ins Licht der Öffentlichkeit. 


Der lebensgefährliche Wettlauf zweier Wissenschaftler: Nach einer wahren Geschichte ersann Michael Crichton einen seiner ersten Thriller - entstanden 1974 und bislang unveröffentlicht - um Gier, Obsession und den Anfang einer neuen Zeit.

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