Rezension: "Teufels Tag“ von Andrew Michael Hurley

„Der Teufel steckt im Detail“ ist nicht nur eine äußerst wahrheitsgemäße Redensart, sondern anscheinend auch das Mantra, nach dem Andrew Michael Hurley seine speziellen Konzepte - konsequent und ehrlich - durchzieht. Die Doppeldeutigkeit dieser Aussage lässt sich nur dann erkennen, wenn man man sich bereits mit seinem Debüt - „Loney“ - vertraut gemacht hat. Denn wie bereits bei seinem Vorgänger, hatte er auch in seinem zweiten Roman - „Teufels Tag“ - wieder alle Hände voll zu tun, dafür zu sorgen, dass der Leser nach Beenden der Lektüre fassungslos zurückbleibt und jede Menge Interpretationsspielraum vorfindet.

Auf dem Weg dorthin wird selbstverständlich nichts ausgespart: Handlungsstränge werden mit dem größten Maß an Hingabe und Akribie ausgeführt, Gegebenheiten werden stets eindringlich betrachtet und präzise aufgeschrieben, und jeder Charakter wird mit einem unmissverständlichen Markenzeichnen versehen, dabei ist es nicht von Belangen, ob dies diabolischer Natur ist, sondern DASS es vorhanden ist.


Neben der wirklich hervorragenden sprachlichen Ausführungen, die Andrew Michael Hurley bereits bei seinem Debüt hat durchscheinen lassen, ist außerdem besonders hervorzuheben, dass er die Atmosphäre, die Angst und die dazugehörige Unwissenheit der Bürger des frühen englischen 20. Jahrhunderts perfekt eingefangen hat. Es ist die Zeit, in der sich die Menschen grundlegend misstrauen, sich großteils verachten, die Zeit in der sich die Unkenntnis stets in Bedrohung zu verwandeln vermag und in jeder noch so kleinen Abweichung der Normalität, ein diabolischer Kern erkennen lässt. Aberglaube wird sozusagen zur richtungsweisenden Lebensphilosophie, die oft so als heilig dargestellte Idylle wird durch das getrübte Urteilsvermögen der Bevölkerung und dem Hang zum Dramatischen immer wieder gestört, sodass Anfeindungen aller Art, somit zum guten Ton gehörten.


„Diese Leute waren nicht besser als die leichtgläubigen Wilden in den Kolonien, die Geister in allem sahen, was sie umgab, von den Wolken bis zum Staub.[...] Als er die Tiere vor seinen Augen verenden und das Blut aus der Brustwarze der Amme tropfen sah, Da Gerritsen Mut in Zwang, und der Teufel brachte einen Schneesturm in das Tal, der tagelang andauerte.„


In dieser Welt befindet sich Protagonist John, der dem Leben in den Mooren der Endlands den Rücken gekehrt hat, aus persönlichen Gründen aber wieder ins Herz der Dämonen zurückkehren muss. Dass ihm der Teufel jedoch zum bleiben überredet, damit hat er mit Sicherheit nicht gerechnet.


Fazit:


Am ehersten lässt sich Michael Hurleys „Teufels Land“ wohl mit Hannah Kents „Wo drei Flüsse sich kreuzen“ vergleichen: Sensationell konzipierter Text, den eigenen bedachten Stil ganz hervorragend in Szene gesetzt, die Entwicklungen der Figuren nicht außer Acht gelassen, das Maximum an Atmosphäre an die Oberfläche gebracht. Genau so wie man es bereits aus seinem Vorgänger „Loney“ kennt, ist auch dieses Buch ein außergewöhnliches Paradebeispiel dafür, wie man jede Menge Inhalt mit einer richtig starken Schreibe verbinden kann.

Eines muss aber auch dazu sagen: „Nervenzerfetzende“ Spannungsmomente sucht man vergebens, denn Hurley hat hier wieder viel mehr auf die Zurückhaltung und die klare Strukturierung im Handlungsaufbau geachtet, anstatt Cliffhangern und anderen bekannten Mitteln zum den Vorzug zu geben. Damit gestaltet sich die Entwicklung der Story zwar langatmiger, wird aber gerade deshalb zu einer extrem dichten Erzählung, die sich im Detail - im positiven Sinne - zu verlieren scheint.


Kurzum: Wer atmosphärische, detailverliebte, sehr zurückhaltende Texte zu schätzen weiß, der wird mit „Teufels Tag“ mehr als zufrieden sein, all jene die eher auf rasantes Tempo setzen, werden hier definitiv nicht fündig!


Inhaltsangabe:


Viel hat sich nicht verändert, seit John das kleine Tal in den englischen Endlands verlassen hat, um als Lehrer in der Stadt zu leben. Noch immer werden jeden Herbst die Schafe aus dem Moorland zusammengetrieben und noch immer begeht man den Devil's Day. Für die Kinder sind die Rituale und Feierlichkeiten ein großer Spaß, die Älteren wissen noch, was im Jahre 1913 passiert ist, als man den Teufel einmal nicht davongejagt hat. Erst kam ein Blizzard, dann fuhr der Teufel in Mensch und Tier, ließ die Alten an blutigem Husten ersticken und Jüngere erfrieren. Zuletzt war Johns Großvater für die Einhaltung der Bräuche zuständig, doch jetzt ist er tot. Als John mit seiner schwangeren Ehefrau zur Beerdigung anreist, steht der Devil’s Day kurz bevor und merkwürdige Vorfälle häufen sich.


Pressestimmen:

 

"Der neue Meister des Bedrohlichen. Dieser gruselige Nachfolger von Loney unterstreicht, dass sein Autor jemand ist, den man auf dem Schirm haben sollte." Sunday Times

"Ein großartig geschriebener Roman, der den Leser rätselnd und verstört zurücklässt. Spannend!" (Metro)


"Hurleys meisterlicher zweiter Roman bestätigt nachdrücklich die Verheißung seines preisgekrönten Debüts." (Mail on Sunday)


"Hurley ist ein hervorragender Erzähler. Er führt dich ins Moor, ins Auge eines Schneesturms, dabei kleine Andeutungen hinterlassend, unheimliche Hinweise auf Teufeleien und dämonische Besessenheit. Dann wechselt er die Richtung, wühlt in den Spuren im Schnee, schnellt dir neue Schurkereien entgegen und lässt dich nachts in den Hügeln zurück." (The Times)


"Die nebulöse Präsenz des Teufels ist so greifbar heraufbeschworen in diesem Roman, dass ich mich manchmal kaum getraut habe aufzusehen, aus Angst er könnte mich vom Stuhl neben mir aus angrinsen."

(Literary Review)


"Beunruhigend und atmosphärisch, die Schönheit dieses Romans liegt in seiner Trostlosigkeit." (The Lady)


"Dieser makellos geschriebene Roman schließt sich wie eine feuchte Hand um Ihre Kehle." (Daily Mail)


"Das ist eine Geschichte mit Sog. Das lebendige, sich steigernde Gefühl des Bösen ist eng verwoben mit den Annahmen darüber, wie die dargestellte Art zu leben ist, diese offenbar zeitlose Beziehung zwischen Landbewohnern und Moor." (Guardian)


"Er beschreibt auf wunderschöne Weise eine trostlose Landschaft und das Gefühl, dass etwas Teuflisches und Unerkennbares in den Mooren ist, zwischen den Hügeln und auf den Pfaden." (Sunday Express)


"Der Nachfolger von Loney verbindet Mythen, Landschaft und Horrorelemente mit unheimlicher Wirkung." (Financial Times)


"Hurley ist ein sehr guter Autor, mit Interessen, die ihn leicht abseits des Mainstreams positionieren, ein Abstand, der ihn extrem interessant macht." (John Boyne, Irish Times)

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