Rezension: "Der Abgrund in dir“ von Dennis Lehane

Dennis Lehane hat sich mit „Mystic River“ (verfilmt mit Sean Penn, Kevin Bacon, Laura Linney,...; ausgezeichnet mit zwei Oscars und zwei Golden Globes) und „Shutter Island“ („verfilmt mit Leonardo DiCaprio,...) einen verdammt starken Namen in der Szene gemacht und sich direkt in die oberste Liga der Bestsellerautoren katapultiert. Doch auch seine anderen Romane, wie beispielsweise die Joe Coughlin-Reihe, kann sich mehr als sehen lassen und unterstreicht sein beachtliches Talent als Spannungsautor um ein Vielfaches!


Nun meldet er sich mit „Der Abgrund in dir“ zurück, einer Geschichte, die aufgrund ihrer extrem starken Protagonistendarstellung, des mehr als vorzeigbaren Settings und einer bombenstarken Schreibe zu überzeugen weiß. Klassischer Psychothriller trifft hier auf emotionales Liebesdrama. Doch wie stark ist die Handlung wirklich? Wie gut passen die Storyabschnitte zueinander?! Kann sich der Stil Lehanes etablieren? Hält er durch? Oder geht ihm auf dem Weg dort hin, schlichtweg, die Luft aus?


„An einem Dienstag im Mai, im Alter von sechsunddreißig Jahren, erschoss Rachel ihren Mann. Er stolperte mit einem seltsam wissenden Gesichtsausdruck rücklinks, als ob er schon immer geahnt hätte, dass sie es tun würde. [...] Aber in diesen letzten Sekunden wurde ein ganzer Katalog von Gefühlen in seinem Blick sichtbar. Bestürzung. Selbstmitleid. Einsetzen. Eine Verlassenheit, die so umfassend war, dass sie ihn dreißig Jahre jünger machte und vor ihren Augen in einen Zehnjährigen verwandelte. Wut natürlich. Empörung. [...] Wäre sie zwei Tage zuvor gefragt worden, ob sie ihren Mann liebte, hätte sie „ja“ gesagt


Lehane ist und bleibt - wahrscheinlich bis an sein Lebensende - eine Koryphäe, wenn es um Charakterisierungen der Protagonisten und deren Einpflegung in die Handlung geht. Er beginnt bei der Zeichnung seiner Figuren genau da, wo das Böse seinen Ursprung hat, wo sich der Lauf der Dinge entscheidet, genau da, wo er meiner Meinung nach auch beginnen sollte: In der Vergangenheit. Und dies tut er so ungezwungen, so selbstverständlich, so leicht wie nur möglich. Mit „Der Abgrund in dir“ zeigt er ganz deutlich, dass der Ursprung der eigenen verdorbenen Seele in der Kindheit-/Jugendzeit zu liegen scheint und dass Geld, ein hübsches Haus, eine scheinbar intaktes Familienleben und ein funktionierender Zaun, bloß Fassade einer höchst missverstandene Gesellschaft sind.


Man darf sich hier aber keineswegs einen klassischen „Pageturner“ erwarten, vielmehr sind es die ruhigen Passagen, die sich langsamer als gewohnt aufbauen, die dem Roman das gewisse Etwas verabreichen. Solange die Figuren es wert sind, dass man ihnen bis zum Ende folgt, darf Lehane es auch ein wenig zurückhaltender angehen lassen, dann ist doch alles in bester Ordnung. Und das ist hier ganz klar der Fall!


Inhaltsangabe:


Rachel Childs hat alles, was man sich erträumt: ein Leben ohne finanzielle Sorgen, einen gutaussehenden, liebevollen Ehemann. Doch im Bruchteil einer Sekunde macht ausgerechnet dieser Mann ihr Leben zu einer Farce aus Betrug, Verrat und Gefahr. Nichts ist mehr, wie es scheint, und Rachel muss sich entscheiden: Wird sie kämpfen für das, was sie liebt, oder im Strudel einer unglaublichen Verschwörung untergehen?

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