Rezension: "SAFE“ von Ryan Gattis

Ein ehemaliger Panzerknacker, ein Mann fürs Grobe, ein Verbrecher, der für ein Syndikat Zahlenkombinationen und Dietriche in Bargeld und Drogen umwandelt hat die Schnauze endgültig voll. Er mischt jetzt bei den Guten mit. FBI. DEA. (Drug Enforcement Administration) Und was macht er da? Na klar: Safes knacken. Aber diesmal für einen guten Zweck. Dass er sich immer wieder mal einen Teil der sichergestellten Kohle einsteckt, scheint weder ihm noch den ermittelnden Kollegen groß zu stören. Einmal Verbrecher, immer Verbrecher. Doch im Inneren schlägt ein ganz großes, fast intaktes Herz, das der Liebe und der Vernunft näher ist als dem Betrug.


Lasst uns gleich zu Beginn der Rezension Tacheles reden: Solche Handlungen gibt es doch - gefühlt - wie Sand am Meer. Bad-Boy (Ricky Mendosa - genannt Ghost) kapselt sich ab, bricht aus dem Gangsteralltag aus und spielt jetzt für die Cops den Safeknacker. Zweiter Bad-Boy (Rudy Reyes - genannt Glasses) hat ebenso genug gesehen, wil aussteigen, neu anfangen, und liefert den Cops als Wiedergutmachung sozusagen die Bösen aus. Kennt man doch zur Genüge. Das Story-Rad wir hier jedenfalls nicht neu erfunden.

Jetzt kommt das große ABER: Ich habe schon des Öfteren erwähnt, dass ich den Auftritt von Protagonisten im Allgemeinen für einen der wichtigsten Aspekte für die Funktionalität einer Geschichte halte. Dass dieser einen Handlungsstrang maßgebend (mit)prägen kann, dass er möglicherweise einen etwas plattgetretenen Plot aus der Taufe heben kann.


Ryan Gattis hat in SAFE genau diesen entscheidenden Hauptcharakter entworfen. Hinterhältig, aber liebenswert. Betrügerisch, aber bodenständig. Nach außen einer von den Guten, innerlich aber bewart er sich den Sound der Straße. Dreckig zwar, aber nie überzogen oder gar aufdringlich. Ein waschechter Verbrecher eben, der im Körper eines Aushilfscops zu stecken scheint.

Alles unter Kontrolle, wäre da nicht dieses lästige Krebsgeschwür, das Ricky Mendoza zu einem unberechenbaren Individuum avancieren lässt. Und was machen, wenn man nur noch kurz zu leben hat? Seine letzten Tage für die helle, oder für die dunkle Seite draufgehen lassen?

Genau DAS sind die zentralen Fragen die Ryan Gattis in seinem Buch aufarbeitet und beweist damit eindrucksvoll, dass auch ein Noir-Krimi anders ablaufen darf, dass man auch hier mit Diskrepanzen der Moral niveauvoll spielen und diese bestens unterbringen kann.

Und auch wenn die Knacker-Filme wie Ocean‘s 13, The Italian Job, Heist, Inside Man und wie sie alle heißen, - meiner Meinung nach - etwas ausgedient haben, so möchte ich Ricky Mendoza unbedingt auf der Leinwand sehen, denn genau dafür eignet sich dieser eigenwillige Charakter bestens.


Fazit:


Paula Hawkins trifft - in Bezug auf SAFE - den Nagel auf dem Kopf: „Eine atemberaubende Geschichte mit einem rießengroßen Herzen“. Wie wahr, denn Ryan Gattis vermag es, die zwischenmenschlichen Beziehungsebenen der Charaktere klar zu definieren und verbindet mal eben einen charmanten Gangsterklassiker mit Noir-Einschlägen.


Kurzum: Die Handlung ist klar, setzt auf altbewährte Komponenten, bleibt dem Stil treu und versucht erst gar nicht, gekünstelt, „neue Wege“ gehen zu wollen. An dieser Stelle kommen Ricky Mendoza und Rudy Reyes ins Spiel: Eigenwillig, abgebrüht, unberechenbar, und dennoch so unfassbar menschlich.

Hier werden nicht einfach nur zusammenhanglose Handlungsstränge, platte Figuren-Backgrounds und affektierte Dialoge rausgeballert und irgendwie zu einem Storygebilde zusammengebaut. Nein! Gattis greift noch viel tiefer in die Kiste und zaubert neben einer ziemlich geradlinigen Story, auch noch ein paar prägnante und zu gleichen Teilen liebenswerte Charaktere hervor. Dieser von Ryan Gattis ins Leben gerufene, beinharte Realismus, ist in jeder Phase der Erzählung spürbar. Wunderbar authentisch!


Inhaltsangabe:


Ricky Mendoza, genannt Ghost, ist Panzerknacker, der beste von L.A. Früher war er Gangster, jetzt knackt er für die Polizei die Safes der Banden. Doch Ghost plant einen Coup. Er will Geld abzweigen, sehr viel Geld. Nicht aus Eigennutz – das hätte er vielleicht getan, bevor er in der Krebsklinik Rose kennenlernte. Rose ist lange tot, Ghost wurde geheilt. Doch nun ist der Tumor zurück. Ghost wird sterben. Bis dahin will er den Bösen nehmen und den Armen geben. Ein Dead Man Walking. 


Rudy Reyes, genannt Glasses, ist die rechte Hand des Drogenkönigs. Er hat eine solide Verbrecherkarriere hinter sich, aber er hat auch Familie in Mexiko, wo die Kartelle ganze Dörfer abschlachten. Glasses fühlt sich mitschuldig, er will ein neues Leben beginnen. Mit der Polizei arbeitet er seit längerem zusammen; gerade hat er eine Liste mit den Gelddepots der Gangs geliefert. Vielleicht ist auch er ein Dead Man Walking. 


Über Umwege gelangt Ghost an die Liste. Er zögert nur kurz und setzt sich dann mit dem durchgeknalltesten Verbrecher in Verbindung, den er kennt: Es ist sein eigener Stiefbruder. Mit ihm zusammen will er den Coup durchziehen. Doch der Mob ist ihnen bald auf den Fersen. Schließlich steht Ghost dem Drogenkönig gegenüber. Alle wissen: Sterben muss Ghost so oder so. Und das gibt ihm die Macht, Bedingungen zu stellen. 


Ryan Gattis‘ Romane verzweifeln am Bösen und glauben an das Gute. Das verleiht ihnen ihre elementare Wucht.


Pressestimmen:


Wahnsinnig coole Dialoge und eine Story, die nur so voranschießt – ein packender Roman. (Guardian) 


Dieser toughe, unglaubliche temporeiche Roman profitiert von der intensiven Recherche des Autors in der Gangsterwelt von L.A.. (Time) 


Wer hat Ryan Gattis dazu gebracht, so gut zu sein? … Gattis baut eine düstere, überraschend sentimentale Noir-Story zu einem makellosen, imposanten, unheilgeschwängerten Spannungsklassiker aus. (LA Magazine) 


Fesselnd … Gattis erfrischend intelligente Figuren bemühen sich in dieser angenehm lebensbejahenden Geschichte aus der Drogenwelt hartnäckig, das Richtige zu tun. (Publisher‘s Weekly) 


Ein energiegeladener, packender Thriller von einem Autor, den David Mitchell mutig, zupackend und subversiv genannt hat. Safe konfrontiert den Leser mit einem schockierenden Finale und lotet zugleich grundlegend aus, was es heißt, ‚gut‘ zu sein. (Chicago Review of Books) 


Mit seinem ersten Roman hat Ryan Gattis Leser gefunden, die noch viel mehr von ihm lesen wollten. (…) Safe spielt wieder in L.A., und ist ein intensiver, hochemotionaler Neuzugang im Kanon des gegenwärtigen Noir. (GQ) 


Ein Thriller, der Ryan Gattis als einen unserer begabtesten Romanautoren bestätigt. Das Buch ist in seiner Wucht nicht aufzuhalten, und trotzdem zeichnet es die harten Realitäten des Lebens und der Straße so differenziert und sensibel, wie man es sich nur vorstellen kann. Es schickt einen auf eine Reise voller Überraschungen und Einsichten, mehr kann man nicht erwarten. (Michael Connelly) 


Die Idee wirkt simple: Ehemaliger Bad Guy will alles wieder gut machen und stellt etwas Dummes an. Aber das Buch ist viel raffinierter. Es beginnt wie ein Essay über die Entscheidungen, die man im Leben trifft, und rast dann als Thriller mit Schnellzugtempo seinem herzzerreißenden Finale entgegen. (Harlan Coben) 


Dicht, aufregend, wunderbar rasant, Sie werden es nicht aus der Hand legen können. Es gibt keine großen Wendungen, der Roman ist einfach nur wahnsinnig gut. (Spectator)

Kommentar schreiben

Kommentare: 0