Rezension: "Fever" von Deon Meyer

Endzeitstorys dieser Art gibt es zuhauf. Zukunftsvisionen, in denen ein erzählerisch begabter Autor wie Deon Meyer seine Finger im Spiel hat, mit Sicherheit nur einmal.

Fever,...ist die postapokalyptische Version eines geschlagenen Südafrikas. Es ist das Horrorszenario, indem Ausbeutung, Betrug, Tod und Mord an der Tagesordnung stehen. Es ist das Bild einer Gesellschaft, die das Vertrauen in Liebe, Hoffnung und Glauben verloren hat. Es ist die Zeit, in der der Zusammenhalt, Gemeinschaftssinn, Demokratie,...neu erlernt werden muss. Und nicht zuletzt, ist es die einfühlsame und zugleich troslose, brutale Geschichte eines jungen Mannes, der sich aufbäumt, überlebt, das Leben neu annimmt, unsterblich verliebt, und am Ende dennoch alles verliert.


Es ist unfassbar, wie Deon Meyer es geschafft hat, seiner durch und durch aussichtslosen, untröstlichen Grundhandlung,...viel Liebe und Empathie einzuverleiben. (Einige Autoren sind bereits an dieser Aufgabe gescheitert...) So unfassbar scheint es auf den zweiten Blick dann doch nicht, schließlich ist seine schnörkellose und zugleich bildhafte, leicht poetische Sprache aus jeder Zeile bestens ablesbar. Und obwohl er mit seinem postapokalyptischen Storykonzept das Rad nicht neu erfindet, gibt es wesentliche, richtungsweisende Faktoren, die seine Dystopie klar von vielen anderen unterscheidet: Zum einen wären dies die großartig gezeichneten Figuren, die er hervorragend ausgearbeitet und individualisiert hat, zum anderen sind es die wundervollen Landschaftsbilder, die sich so selbstverständlich und unaufdringlich ins Gebilde einfügen.

Nicht zu missachten: Meyer erzählt seine eindringliche Geschichte auf knapp 700 Seiten, ohne dabei aber sich in Nichtigkeiten zu verstricken, bzw. an Unterhaltungswert zu verlieren. (ich gebe zu: die ein oder andere langatmigere Passage ist mit dabei, aber die Sinnhaftigkeit der Geschichte - trotz fabulierender Ausholbewegung - ist stets gegeben!) Für mich ist es da kaum verwunderlich, dass der Gute mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde:


2003: Grand prix de littérature policière für Les soldats de l’aube (dt. Tod vor Morgengrauen)


2004: Prix Mystère de la critique für Les soldats de l’aube (dt. Tod vor Morgengrauen)


2006: Deutscher Krimi Preis – International (2. Platz) für Das Herz des Jägers (Rütten & Loening, Berlin 2005. Original: Proteus)


2009: Deutscher Krimi Preis – International (3. Platz) für Weißer Schatten (Rütten & Loening, Berlin 2008. Original: Onsigbaar)


2010: Schwedischer Krimipreis - International für Devil’s Peak (dt. Der Atem des Jägers. Rütten & Loening, Berlin 2007. Original: Infanta)


2011: Barry Award - Kategorie Bester Thriller für 13 Hours (dt. Dreizehn Stunden. Rütten & Loening, Berlin 2010)


2012: Krimi des Jahres 2011 (Platz 6) für Rote Spur (Rütten & Loening, Berlin 2011. Original: Spoor) in der KrimiZEIT-Bestenliste


Fazit:


Ich bin wahrlich begeistert! "Fever" ist ein großartiges Endzeitepos, das viele positive Aspekte aus Cormac McCarthys "The Road" vereint: Düstere Landschaftsbilder, stark charakterisierte Figuren, jede Menge Anarchie und viele Emotionen. Außerdem nimmt Deon Meyer seine Protagonisten zu 100% ernst und schenkt ihnen - in Form von kurzen Monologen - die Möglichkeit, sich selbst und ihr Leben in den Mittelpunkt zu stellen. Vor allem fand ich es überaus interessant, dass Deon Meyer neben dem Unterhaltungsfaktor, sachlich über diverse Lebenszyklen aufklärt und diese in den Alltagsprozess der Protagonisten charmant einzubauen weiß.

Aber nicht nur die inhaltlichen Komponenten lassen den Roman zu etwas ganz Besonderem werden, auch der äußerliche Anblick trägt maßgeblich zum gelungenen Gesamtbild bei. Außerdem ist zu erwähnen, dass der Autor ein wahrlich gutes Gefühl für die in seiner Heimat herrschenden Verhältnisse hat, diese spürbar werden lässt und sie gekonnt dem Leser verständlich näherbringt. (Man müsste erst gar nicht das literarsische, Menschen ausrottende Fieber hereinbrechen lassen, um die missliche Lage Südafrikas veranschaulichen zu können. Ökologische, wirtschaftliche, sowie unter anderem, soziale Problemstellungen gibt es ohnehin zur Genüge.)


Zudem muss man der Übersetzungsarbeit von Stefanie Schäfer ein riesengroßes Lob aussprechen, schließlich hat sie es fertiggebracht, - man stelle sich das mal vor - das Manuskript aus dem Afrikaans ins Deutsche zu transportieren.


Summa summarum: Absolut Empfehlenswert!


Inhaltsangabe:


»Ich will vom Fieber erzählen, von unserer Stadt Amanzi – und von dem Mord an meinem Vater Willem.«


Nicolaas Storm fährt mit seinem Vater Willem durch ein vollkommen verändertes Südafrika. Nach einem Fieber, das weltweit fünfundneunzig Prozent der Menschen getötet hat, versuchen die beiden, einen sicheren Platz zum Leben zu finden. Das Land ist in einem Zustand der Gesetzlosigkeit. Gangs ziehen schwerbewaffnet umher, wilde Tiere bedrohen die Menschen. Schließlich aber finden Vater und Sohn einen Platz für eine Siedlung. Andere Menschen stoßen zu ihnen – Abenteurer, elternlose Kinder, ehemalige Soldaten. Sie alle müssen die Gesetze des Überlebens neu lernen. Nico wird zum Schützen ausgebildet. Er verliebt sich in Sofia, die wildeste Frau, die jemals ihre kleine Stadt betreten hat, und er beginnt wieder an eine Zukunft zu glauben. Bis die Katastrophe passiert – und sein Vater ermordet wird.


»Einen Roman zu schreiben ist wie eine Reise in ein unbekanntes Land. Und die Entdeckungen, die man während dieser Reise macht – über die eigene Welt und sich selbst, formen und verändern nicht nur die Geschichte, sondern auch den Autor. Der Grund, warum dieses Buch so besonders für mich ist, liegt darin, wie es mich und mein Schreiben verändert hat. Und wie es meinen Blick auf das menschliche Zusammensein neu geformt hat.« (Deon Meyer)

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