Rezension: "Der Susan Effekt" von Peter Hoeg

Peter Høegs Titel zählen zu DEN skandinavischen Belletristik-"Importgütern" und gehören somit zur absoluten Genre-Elite.

Nach seinem Debütroman 'Vorstellung vom zwanzigsten Jahrhundert' und der Veröffentlichung des Erzähl-Sammelsuriums 'Von der Liebe und ihren Bedingungen in der Nacht des 19. März 1929', gelang ihm 1992 mit 'Fräulein Smillas Gespür für Schnee' der internationale Durchbruch: Ein von der Charakteristik her intensiver, sprachlich sehr ruhiger Roman, der permanent mit subtilen Wortwitzen hantiert, viel Lakonismus mitbringt und sich den zurückhaltenden Textaufbau zunutze macht, auf kurzer Distanz, viel Inhalt zu transportieren.


Ähnlich verhält es sich bei seinem Neuling: 


'DER SUSAN EFFEKT"


In diesem klug konstruierten Roman dürfte es eingeschworenen Mainstream-Verweigerern, bzw. etwas eigenwilligeren Lesern sehr leicht fallen, sich mit den befindlichen Inhaltsstoffen der Lektüre anzufreunden, schließlich lassen sich hier mehr intelligente Passagen rausfiltern, als es bei herkömlichen Ratgebern der Fall wäre.


Spätesten nach Beenden der folgenden - auf Seite 12/13 auftauchenden - Zeilen, hätte ich im Geiste mein Buch zur Seite gelegt, wäre aufgestanden, hätte einen imaginären tosenden Beifall angestimmt und wäre sofort Peter Høeg-Fan geworden:


"Ab der Minute, in der sie zur Welt kommen, bewegen sich Kinder von ihren Eltern fort. Sie drehen sich zur Brustwarze hin. Aber irgendwo weit unten in ihrem Nervensystem arbeiten sie bereits daran, von zu Hause ausziehen."


Das mag zwar jetzt für den ein oder anderen etwas merkwürdig klingen, ABER: Wer einen außergewöhlichen Handlungsstrang zu schätzen weiß, stiltechnisch mal in andere Gefilde vordringen möchte, ironische Textpassagen so sehr liebt wie ich, und/oder den Spannungsfaktor durchaus auch im Subtilen verwerten kann, dem sei Peter Høeg - unabhängig davon, ob man storytechnisch vom 'Susan Effekt' angetan ist oder nicht -  ans Herz zu legen. Eines ist das Gesamtkonzept des Dänen bestimmt: ANDERS!


Und obwohl ich auf technischer Seite für den Roman sehr viele Lobesworte übrig habe, so muss ich aber Fairness halber die Figurausarbeitung, die Logikfehlerchen, sowie die teilweise holprige Dialoggestaltung ein wenig ins Kreuzverhör nehmen:


Warum reden eigentlich die beiden 16-jährigen Teenager wie fünfjährige Kinder???


Woher kommt eigentlich diese skurril-distanzierte "Beziehung", die Susan zu ihren Kindern hegt???


Warum wirken die Konversationen der erwachsenen Charaktere permanent übertrieben, fernab jeglicher Realität? Nur um krampfhaft einen Jargon haranzuzüchten, der einer speziellen elitären Berufsgruppierung gerecht werden soll? (Leider recht unglaubwürdig.)


Worauf ich hinauswill: Es hätte meiner Meinung nach der Story ganz gut getan, die Kirche etwas im Dorf zu lassen und den Inhalt mit mehr Normalität, mit mehr logischen Handlungen zu füllen.


Fazit:


Trotz einiger Charakterisierungs-Schwierigkeiten, bzw. Unstimmigkeiten bei der logischen Verknüpfung mehrerer Handlungskomponenten, bin ich wirklich gut unterhalten worden und (fast) gänzlich dem ganz speziellen "Peter-Effekt" zum Opfer gefallen. Aus technischer Sicht hat man es bei Høegs Roman definitiv NICHT mit "Massenware" zu tun, dafür ist das Schriftbild viel zu eigen, viel zu anmaßend.


Eine Empfehlung gibt's daher nur bedingt.


Inhaltsangabe:


Sie waren eine dänische Vorzeigefamilie, doch jetzt werden sie von der Polizei gesucht: Laban Svendsen, der Komponist, Susan, die Experimentalphysikerin, und ihre 16jährigen Zwillinge. Ein hochrangiger Justizbeamter schlägt Susan einen Deal vor. Er wird ihre Familie retten, wenn sie ihm das geheime Protokoll eines wissenschaftlichen Gremiums beschafft, das die Gefahren der Zukunft erforscht. Doch plötzlich kommt ein Mitglied dieser sogenannten Zukunftskommission nach dem anderen um - und das auf grausame Weise. 

Susan begreift, dass sie es mit einem kriminellen Interessengeflecht in besten Kreisen zu tun hat. Mit irrwitzigen Einfällen, technischem Knowhow und ihrem einzigartigen Susan-Effekt kämpft sie darum, dass die Wahrheit ans Licht kommt.


Pressestimmen:


"Ein Buch, das man nicht aus der Hand legen kann". (Die Zeit) 


"Fesselnd und herrlich originell." (Freundin) 


"Der Plot ist komplex und actiongetrieben. Susan ist ein faszinierende Frau, die mit Brecheisen, Akkuschrauber und hohem IQ ihren Gegnern überaus gefährlich werden kann – was ihr gewiss eine Menge Fans unter Hoegs Lesern einbringen wird." ( Brigitte) 


"Ich würde mit dem Susan Effekt auch noch etwas anderes beschreiben: dass man nämlich beim Lesen ziemlich schnell in den Bann dieser Frau getät." ( Spiegel Online) 


"So lustig, virtuos und ideenreich, dass einem wenig Unterhaltsameres in diesem Literaturherbst passieren kann als dieser Roman." ( Denis Scheck) 


"Ein Höllenspaß!" ( Emotion) 


"Rasant geschrieben und wuchtig komponiert. Großartiger Lesestoff. Peter Hoeg umspinnt seine Leser wieder wie in einem dichten Kokon. Man lebt während der Lektüre intensiv im System dieses Romans und das wirkt noch lange nach." (NDR Lesezeit) 


"Eine atemberaubende Geschichte." ( MDR Figaro) 


"Der Susan-Effekt ist ein erzählerischer Kniff und mehr als das, er rührt an Grundsätzliches." ( Neue Zürcher Zeitung)

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