Rezension: "Das Gesicht meines Mörders" von Sophie Kendrick

Debüts sind für mich immer etwas ganz besonderes: Der Autor/Die Autorin beschäftigt sich unfassbar lange mit der Story, viel länger, als er/sie es wahrscheinlich mit einem nachfolgendem Buch tun würde/könnte. Vor allem steckt in so einem Erstlingswerk (von der zeitlichen Intensität mal ganz abgesehen) jede Menge Arbeit, Arbeit, Arbeit. Durchhaltevermögen und die fortwährende Imaginationskraft des Autors/der Autorin, sind die wahrscheinlich wichtigsten Faktoren, um das erste Buch erfolgreich platzieren zu können. Für mich als Kritiker ist es außerdem interessant zu beobachten, wie jene Debütromane bei der Masse ankommen, bzw. ob sie evtl. Potenzial zum Bestseller haben.

 

Dass Sophie Kendrick nicht gerne um den heißen Brei herumredet, wird dem Leser spätestens nach dem ersten Kapital glasklar. Sie steigt unmittelbar in die im Klappentext angepriesene Handlung ein, versucht die Selbsttherapie der Hauptprotagonistin zu nutzen, um eine Kennenlernphase zwischen Leser und Figur stattfinden zu lassen und arbeitet sich schlussendlich mit Hilfe der Ich-Perspektive weiter vor. Durch diese Art der Erzählweise ist es dem Hauptcharakter stets möglich, Selbstreflektionen durchzuführen, was wiederum gut für den Leser ist, da dieser schließlich an den Gedankenspielen der Figur ganz einfach teilhaben kann. Die Ich-Form eignet sich außerdem hervorragend dafür, den Leser für sehr, sehr lange Zeit im Dunkeln zu lassen, da es für die Aufklärung des Falles lediglich nur eine Sichtweise gibt: Nämlich die Hauptfigur, die sogenannte Ego-Perspektive. Kendrick hat somit zwei Fliegen mit einer Klatsche erledigt.

 

Die Autorin hat sich aber zu Beginn der Geschichte trotzdem einen kleinen Stolperstein in den Weg gelegt: Sie spielt nämlich mit derart offenen Karten, versorgt den Leser auf den ersten Seiten, mit viel zu vielen Informationen und geht somit das große Risiko ein, dass sich für die Story kaum mehr Irrwege finden lassen, bzw. mögliche Twists nicht mehr glaubwürdig dargestellen lassen. ABER eine Frage bleibt dennoch bestehen: "WARUM hat jemand versucht, die Protagonistin umzubringen? Und vor allem WER?" Dürfte im Normalfall Grund genug sein, dem Handlungsverlauf bis zum bitteren Ende folge zu leisten.

 

Fazit:

 

Sophie Kendrick hat mit ihrem ersten Thriller - "Das Gesicht meines Mörders" - ein stilistisch grundsolides Buch vorglegt, das durchwegs seine guten Momente hatte, leider aber vom Storykonzept her viel zu sehr an andere Titel erinnert. Spontan fallen mir da "Lauf Jane, Lauf!" (Joy Fielding), oder "Du darfst nicht schlafen" (S. J. Watson) ein.

Um sich hier vom Genre-Massengeschäft klar abheben zu können, bedarf es einer kräftigen Portion 'Eigenständigkeit'/'Außergewöhnlichkeit', die ich sowohl beim Stil, als auch bei der Story ein klein wenig vermisst habe.

 

Inhaltsangabe:

 

Sie muss sich erinnern, um zu überleben.

Als Clara aus dem Koma erwacht, ist ihr bisheriges Leben wie ausgelöscht. Sie erinnert sich weder ihren eigenen Namen noch an ihren Ehemann, den Schriftsteller Roland Winter. Auch nicht an den Einbrecher, der sie niedergeschlagen haben soll. Freunde scheint sie keine zu haben – Roland ist ihre einzige Verbindung zur Vergangenheit. Mit seiner Hilfe wagt Clara einen Neuanfang. Bis jemand versucht, sie umzubringen. Und die junge Frau begreift, dass sie sich erinnern muss, um zu überleben. Schritt für Schritt rekonstruiert Clara ihr Leben und stößt auf eine geheimnisvolle Frau, mit der sie am Tag des Unglücks verabredet war. Und die seither spurlos verschwunden ist.

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