FILMKRITIK: „EVERYTHING EVERYWHERE ALL AT ONCE“ (Abenteuer/Science Fiction/Drama - 2022)



„Everything Everywhere All at Once“ ist neben „The Banshees of Inisherin“ und „Im Westen nichts Neues“, DER große Anwärter auf die meisten Auszeichnungen bei den diesjährigen Academy Awards. Dieses unkonventionelle, kontroverse Science Fiction Spektakel von Daniels (Evtl. bekannt durch den Film „Swiss Army Man“) ist gleich mal in 11 Kategorien, darunter auch „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Beste Hauptdarstellerin“ nominiert und führt somit die Liste an.

 

Habe mir gestern dieses - ich muss die Pointe eigentlich schon vorwegnehmen - „optische Meisterwerk“ angesehen. Ja so darf und vor allem MUSS man es auch betrachten, als optische Perle, denn was Daniel & Daniel hier mit läppischen 25 Millionen USD anstellen, ist in visueller Hinsicht schlichtweg phänomenal!

 

Damit ist es aber noch längst nicht getan: Man bekommt nicht nur einen ästhetischen Leckerbissen in diesem Killbill-/Matrix-Style präsentiert, sondern hier ist auch inhaltlich der Teufel los. Vor allem dieses spielerische Grenzen ausloten, wie viel Skurrilität, wie viel Abnormität man dem Publikum wirklich zumuten kann, ohne die Synapsen zu schmoren, fand ich ganz schön mutig! Hinzukommen all die vielen bildlichen, Stakkato-artigen Ausflüge zur Identitätssuche und die ständigen Konfrontationen mit dem eigenen kläglichen Scheitern. (In diesem konkreten Beispiel als Metapher auf das Mutter-/Ehefrau-/ Hausfrau-/Familienoberhaupt-Dasein angeführt.) Selbst wenn sich dieses genreübergreifende, doppelzüngige, durch und durch moralisch unmoralische Feuerwerk oftmals belehrend anfühlte, so habe ich beim Cast dennoch keine Stereotypen finden können, die mit erhobenen Zeigefingern durchs Setting rennen. Vielmehr werden hier die Finger langgezogen, oder zum Abhacken und anschließendem Jumping verwendet.

 

Und dennoch schwebt über all den ganzen Geschehnissen eine humorvolle Grundnote, die das gesamte Konstrukt (un)freiwillig ins Lächerliche zieht. (Und das ist überaus positiv zu sehen!)

 

Leute, es ist so verdammt lange her, dass mich ein Film derart sprachlos zurückgelassen hat. Rein objektiv betrachtet, definiert sich diese merkwürdige, farbenfrohe „Tour de Force“ über ihr cineastisches, gewaltbereites und auch fantasievolles Naturell. Doch ein paar Ebenen tiefer, lassen sich soooo viele clevere, gesellschaftskritische Elemente der Selbstfindung ausmachen, die den offensichtlichen mehrdimensionalen Wert des Films unterstreichen. Die Story beginnt eigentlich als völlig harmloses Familiendrama, dem eine durch und durch überforderte Protagonistin vorangestellt wurde. Und aus diesem Szenario heraus entwickelt sich eine - wie ich finde - mustergültige Science-Fiction-Nummer, die unendlich groß denkt, so viel Charme, so viel Humor, so viel Herz hat, dass man gar nicht aufhören kann hinzuschauen. 

 

Eines steht jedoch fest: Das Ding wird die Meinungen extrem auseinanderreißen. Die einen werden ihn abfeiern, die anderen werden ihn verabscheuen. Mir persönlich hat die Optik des Films, die Martial Arts, das intelligente Multiversums-Denken, die gefühlvolle Komponente, die Schauspieler, und und und richtig, richtig gut gefallen.

 

Inhaltsangabe:

 

Die Chinesin Evelyn betreibt in den USA einen Waschsalon und lebt ein beschauliches Leben mit den üblichen Problemen. Während einer Steuerprüfung wird Evelyn plötzlich in ein Multiversum katapultiert. Sie erfährt, dass sie die Fähigkeiten ihrer Selbst in den einzelnen Universen adaptieren und miteinander verknüpfen kann. Damit nicht genug, ist sie die Einzige, die das Multiversum vor einem Verbrecher bewahren kann. Um die Welten zu retten, startet Evelyn eine atemlose Jagd durch die Dimensionen.

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